Ab 1992 ein Bremer „Gruppen-Radio“?

■ Interview mit dem Leiter der Landesmedienanstalt, Wolfgang Schneider, über die neue - die „fünfte“ - Bremer Hörfunkfrequenz

In Bremen ist eine Hörfunk-Fre quenz zu vergeben. Der Bürgermeister hat erklärt, Interessenten sollten sich vertrauensvoll darüber bei seinem früheren Staatsrat Hans-Helmut Euler beraten. Der Verleger des Weser-Kurier hat in seinem Interview (vgl. taz 30.8.) berichtet, daß Euler ihn besucht hat, um darüber zu reden. Aber eigentlich vergibt doch die Landesmedienanstalt die Lizenzen..

Wolfgang Schneider: Die Landesmedienanstalt hat einen ganz eigenen Part bei Hörfunk-Lizenzen. Sie kann nicht sagen, den mag ich leiden und den nicht und wenn ein Konsortium zusammen ist, machen wir eine Lizenz daraus. Die Landesmedienanstalt muß unbefangen an die Dinge herangehen und das Gesetz umsetzen. Sie kann nach Eröffnung eines Lizenzverfahrens allerdings versuchen, unterschiedliche Strömungen zusammenzuführen.

Im Vorfeld sollte eine Landesmedienanstalt vorsichtig sein. Was sie kann, ist beraten. Sie sollte sich sicher auch Gedanken darüber machen, wie so etwas finanziert werden kann.

Und die Rolle des Filminstitut-Geschäfsführers Euler?

Schneider: Euler ist von einem, der nicht zuständig ist von dem Bürgermeister - gebeten worden, als Anreger zu fungieren. Der Auftrag ist erledigt, wenn der die Leute angeregt sind.

Der Landesrundfunkausschuß hat sich mit der Hörfunk-Fre

quenz noch nicht beschäftigt. Wann wird das aktuell?

Schneider: Zum 1. Januar 1992 kann die „Vorabnutzung“ der Frequenz beginnen, zunächst mit geringer Reichweite - bis 1996 wird das Bremer Stadtgebiet erreicht...

In welcher Qualität?

Schneider: In hoffentlich guter Qualität. Aber das hört man erst, wenn wirklich gesendet wird. Gesetzt der Fall, da sind Leute mit einem Konzept, dann werden sie ein Jahr Vorlauf brauchen. Das bedeutet, die Lizenz muß im nächsten Jahr erteilt werden. Wenn sich aber bis dahin niemand findet, muß man nicht 1992 beginnen.

„Gruppen-Radio“

Ist nicht zu erwarten, daß sich Private wie ffn oder Radio Schleswig-Holstein um diese Frequenz bewerben?

Schneider: Das kann sein. Aber der Gesetzgeber sieht sie nicht als die eigentlich gewollten an.

Wer ist gewollt?

Schneider: Gewollt sind Gruppen

vor Ort. Zeitungen, Kulturschaffende, aber auch Großgruppen wie Gewerkschaften, Kirchen, Sportvereine, Bürgervereine...

Man kann doch einem Sportverein nicht einfach eine halbe Stunde Radio geben und sagen: macht mal. Dann schalten doch alle HörerInnen ab bzw auf die Konkurrenz um.

Schneider: Sie müssen aber irgendwie vorkommen. Natürlich muß ein solches lokales Radio eine durchgängige Programmfarbe haben, sonst kann es nicht erfolgreich sein. Ein Gruppen-Rundfunk muß nicht komerziell sein, aber professionell sollte er sein.

Wer zahlt die Millionen, die das kostet?

Schneider: Die Vorkalkulationen haben eine riesige Spanne. Presseunternehmen haben mal 5-6 Millionen an Kosten ausgerechnet. Lokale Hörfunk-Modelle in Bayern und Baden -Württemberg kommen so mit 2-5 Millionen aus.

Und woher die nehmen?

Schneider: Aus der Werbung, aus Eigenmitteln, aus Spenden, spon

soring Ich sehe da die Möglichkeit, daß Betriebe der öffentlichen Daseinsvorsorge das unterstützen...

Das heißt...

Schneider: Das heißt natürlich nicht, daß Berichte über die Bremer Wasserqualität von den Stadtwerken gesponsert werden sollen. Ich halte das Wasser für gut, aber das wäre nicht der richtige Sponsor dafür. Aber im Rah

men eines Gesamtetats von 2-3 Millionen sehe ich da eine Menge von Möglichkeiten.

Warum tritt die Landesmedien- Anstalt nicht selbst als Veranstalter auf und macht dieses Gruppen-Radio damit unabhängiger von den Geldgebern? Wie man weiß, sind doch erhebliche Mittel da...

Schneider: Die Landesmedien-Anstalt ist eine öffentlich -rechtliche Anstalt und macht keinen Rundfunk. Sonst könnte man die Frequenz gleich Radio Bremen geben.

Aber sie hat erhebliche Gelder.

Schneider: Die Landsmedienanstalt hat einen Gesamtetat von 1,5 Millionen, etwas wird sie auch selber kosten, aber nicht mehr als 500.000 Mark. Das Geld muß woanders angelegt werden. Es gibt genügend, die schon davon profitiert haben, daß daß es die Landesmedienanstalt bisher noch nicht gab. Das Geld kann auch ausgegeben werden für Offene Kanäle oder für einen lokalen Hörfunk, in dem ein Offener Kanal stattfinden kann... Nur: Ein privater Anbieter aber kann nicht

subventioniert werden.

Also zum Beispiel: Offenes Radio auf einem lokalen Hörfunk -Frequenz zwischen zwei und fünf Uhr nachmittags?

Schneider: Das könnte durchaus finanziert werden.

Was ist: Offenes Radio?

Schneider: Offenes Radio ist Radio der dritten Art, keine Konkurrenz zu den Öffentlich-Rechtlichen oder zu den Privaten. Der einzelne Bürger, einzelne Gruppen oder wer auch immer soll die Möglichkeit haben, sein Thema darzustellen.

Int.: K.W.