Was gibt's Neues am Betriebskiosk

Mister McCormack, der Super-Tiriac, sagt in seinem neuen Buch, wie Ich und Du erfolgreich werden können  ■  PRESS-SCHLAG

Denen muß man nur genug zu saufen geben, dann geht alles wie von allein.“ Die Geschäftsmaxime stammt nicht von Theo Müller, dem Kefir-König, der mit einem Werbevertrag Boris Becker zum obersten Soft-Trinker der Nation gemacht hat, sondern von Ion Tiriac. Der Rumäne, der für den Deutschen Tennis-Bund den Davis-Cup vermarktet, behandelt die Funktionäre wie sie ihm begegnen - als „Jojo“. Auch Tennis -Fans sind ihm nur so lange lieb, wie sie ihn bezahlen - als Sponsoren zum Beispiel. Tiriacs neuester Coup: Bei Davis Cup -Spielen in der Bundesrepublik sollen sämtliche Eintrittskarten an die Sponsoren vergeben werden.

Mark H. McCormack, der Super-Tiriac, Boss der „International Management Group“ und Top-Organisator des Spektakels in Wimbledon, hat nun versucht, Tiriacs goldene Regel systematisch zu entfalten. Er hat ein Buch geschrieben: Was im Business wirklich zählt. Der Mann, der dafür sorgt, daß Bertelsmann und RTL die öffentlich -rechtlichen Medien auf die hintersten Plätze verweisen konnte und Papst Wojtyla auf seinen Fernreisen das richtige Stück Erde küßt, gibt in sieben Kapiteln „tausend Tips“ für den Vorstoß an die Spitze. Hatte schon sein erstes Werk Was man an der Harvard Business School nicht lernt eine Flut von begeisterten Briefen ausgelöst, so versprechen seine neuesten Enthüllungen über das Geschäftsleben eine Woge der Erkenntnis, die alle Dämme der Unwissenheit, Ängstlichkeit und Inkonsequenz wegspülen wird.

Unterschätzen Sie nie die Bedeutung des Geldes“, warnt McCormack in der Präambel seiner Busineß-Bibel. Der Yuppie stutzt. Doch da kommt schon „Gebot 2“: „Überschätzen Sie nie den Wert des Geldes.“ Das sitzt. Was nun? Gebot 5 sagt es: „Halten Sie öfters den Mund.“ Denn: „Es gibt viele Krisensituationen, in denen Nichtstun das Konstruktivste ist, was Sie tun können.“ Für das „Management übers Telefon“ dagegen gilt prägnante Gesprächsbereitschaft. Am besten mit der „idealen Einstiegsfrage“: „Was gibt's Neues?“ Warum das? Klar: „Das Telefon ist dazu da, Informationen einzuholen oder zu geben.“

Nach wie vor eine der „populärsten Managementtechniken der achziger Jahre“ ist allerdings das „Management by wandering around“. Dabei verschaffen sich Top-Manager einen Einblick in die rauhe Wirklichkeit ihres Unternehmens „vor allem durch die Einnahme von Mahlzeiten in der Kantine oder regelmäßige Besuche am Betriebskiosk“. Ob am Schreibtisch im 40. Stock oder unterwegs auf Treppen und Gängen - „das sicherste Merkmal für ein wirkliche Führerpersönlichkeit ist seine oder ihre Fähigkeit anzuordnen: 'Handeln Sie jetzt!'“

-und es wird gehandelt. Doch in der Kantine wie am Betriebskiosk gilt: „Sie müssen Ihren Truppen beweisen, daß Sie die Gefahr mit ihnen teilen.“

Aber auch die Truppen müssen Risiken der Unternehmensführung teilen: „Wenn mich junge Leute fragen, wie sie einen Job finden können, der ihnen wirklich Spaß macht, dann gebe ich ihnen den Rat: 'Arbeite umsonst.'“ Wer den Rat befolgt, wird binnen weniger Jahre ganz oben sein, wenn er „Junk Travels“, vorgetäuschte Geschäftsreisen etwa nach Hawaii, ausufernde und langweilige Memoranden „Benutzen Sie ein Synonymawörterbuch!“ - und verpatzte Fernsehauftritte vermeidet. Für mediengerechte Self -Management gilt: „Wenn Sie ins stottern geraten, haben Sie Ihre Zuhörerschaft verloren. Lernen Sie, in Vierzig-Wort -Einheiten zu sprechen. Sehen Sie immer den Moderator an. Sträuben Sie sich nie gegen Make-up. Und: Sitzen Sie ruhig.“

Haben Sie es schließlich zum big shot gebracht, so beherzigen Sie eines: „Stellen Sie sich nie draußen vor einem Restaurant in die Warteschlange!“ Nachhaltige Kontaktpflege zum gastronomischen Management sorgt dafür, daß Sie im Augenblick der Wahrheit „an allen anderen in der Warteschlange vorbeirauschen“ können und vom Geschäftsführer „einen Tisch im beliebtesten Restaurant der Stadt zugewiesen“ bekommen. „Genießen Sie diese Situation.“

Wer das nicht kann, gehört zu jenen, denen man nur genug zu saufen geben muß. Ob der Papst mit Meßwein zugeschüttet wurde, als er Mark H. McCormack die Organisation seiner Junk Travels übertrug, ist ebensowenig bekannt wie der Alkoholpegel der Vertreter des ECON-Verlags bei Abschluß des Buch-Vertrags.

Reinhard Mohr