Jochimsen mag nicht mehr Beirat sein

■ Minister Jochimsen „empfindet sich nicht mehr als Mitglied“ des Preussen Elektra-Beirats / Ausstiegsabsicht im Mai geäußert / Kein Konkurs des THTR-Betreibers / Abrißfinanzierung offen

Berlin (taz) - Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister und Chef der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde des Landes, Reimut Jochimsen, „empfindet sich nicht mehr als Mitglied des Beirats der Preussen Elektra“. Das erklärte gestern der persönliche Referent des Ministers, Thilo Schelling, gegenüber der taz. Jochimsen habe seine Absicht, aus dem Gremium auszuscheiden, im Mai in einem Gespräch dem Beiratsvorsitzenden und Veba-Chef Rudolf von Bennigsen-Foerder mitgeteilt. Die Preussen Elektra ist eine 100prozentige Veba-Tochter. In der ersten Reaktion des Ministeriums auf einen taz-Bericht hieß es am vergangenen Freitag noch, Jochimsen habe im Mai „verbindlich erklärt, er wolle“ aus seinem Engagement beim Betreiber des ostwestfälischen AKW Würgassen „wieder ausscheiden“. Bei Preussen Elektra in Hannover war zunächst nicht zu ermitteln, ob Jochimsen dem Beirat tatsächlich nicht mehr angehört. Er habe jedoch angeboten, in der Düsseldorfer Landesregierung Ausschau nach einem Nachfolger zu halten, sagte Konzernsprecher Rühland.

Auslöser für den Ausstiegswunsch Jochimsens nach nur einjähriger Beiratszugehörigkeit bei Preussen Elektra war nach den Worten Schellings die Befürchtung, daß die Verquickung „zu Spekulationen Anlaß geben“ könnte. Schelling wies außerdem darauf hin, daß auch der niedersächsische und der schleswig-holsteinische Amtskollege Jochimsens, Walter Hirche (CDU), und Franz Froschmaier (SPD) dem Preussen -Elektra-Beirat angehören. Beide führen jedoch im Gegensatz zu dem Düsseldorfer Minister nicht die Aufsicht über die Preussen-Elektra-AKWs in ihren Ländern.

Der drohende Konkurs der Betreibergesellschaft des Hochtemperaturreaktors von Hamm-Uentrop (THTR) wurde abgewendet. Zu den errechneten 287 Millionen Mark für den sicheren Einschluß und die Abklingphase der Reaktorruine will die Hochtemperatur-Kernkraft-Gesellschaft (HKG) insgesamt 166 Millionen Mark beisteuern, der Bund zahlt 60, das Land NRW ist mit 61 Millionen dabei. Dazu werden der Bund zusätzlich mit 92 und das Land mit 76 Millionen Mark aus dem 1983 mit den Betreibern ausgehandelten „Risikobeteiligungsvertrag“ belastet. Bund und Land hatten den Betreibern ihr letztes Angebot zur Aufteilung der Stillegungskosten am vergangenen Freitag unterbreitet, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der HKG stimmte am Sonntag abend zu. Völlig ungeklärt bleibt nach wie vor die Finanzierung der späteren Abrißkosten, die gegenwärtig auf 335 bis 500 Millionen Mark geschätzt werden. Die Landesregierung hat bereits angekündigt, „mit Vertretern der deutschen Wirtschaft, vor allem der deutschen Elektrizitätswirtschaft und den Herstellern des THTR“ die Verhandlungen über einen sogenannten „Feuerwehrfonds“ fortzuführen.

Gerd Rosenkranz