Streit um Schulden und Ökosteuern

■ Bundestag beriet 300-Milliarden-Haushalt für das kommende Jahr / Waigel: Zu hohe Umweltabgaben machen Staatsfinanzen unsicher / Einsparungen bei Aussiedlern und Rüstungsausgaben gefordert

Bonn/Berlin (taz/dpa) - Sind die 33,7 Milliarden Mark, mit denen sich die Bundesregierung im nächsten Jahr neu verschulden will, zuviel oder nicht? Als „Haushalt auf Pump und schwere Belastung für die künftige Bundesregierung bezeichneten SPD-SprecherInnen den Etat von 301 Milliarden Mark, den Bundesfinanzminister Waigel am Montag in den Bundestag einbrachte.

Um sechs Milliarden Mark soll die Verschuldung des Bundes gegenüber diesem Jahr steigen; im Jahr 1993 werden die Zinsausgaben auf 41 Milliarden Mark angestiegen sein. Die Bundesregierung bleibt unbesorgt: Die gute Konjunktur einerseits und die zusätzlichen Wachstumsimpulse durch die Steuerreform andererseits sollen wieder mehr Geld in die Staatskassen spülen und damit die Kreditaufnahme in der nächsten Legislaturperiode senken.

Waigel, zum ersten Mal als Finanzminister in der Haushaltsdebatte, griff gegen die Kritik der Opposition zu ebenso veralteten wie unpassenden Polit-Klischees der Siebziger Jahre: „Der Fürther Ludwig Erhard hat endgültig über den Trierer Karl Marx gesiegt.“ Sozialdemokraten und Grüne wollten mit der Ökosteuer-Diskussion ihre „fehlgeschlagenen Konzepte unter neuen Überschriften wiederholen“. Die „sogenannten“ Umweltabgaben, die den Bund 1991 mit 40 bis 70 Milliarden Mark belasten würden, sollten offenbar Energieverbrauch wie Steueraufkommen auf Dauer reduzieren. Angesichts dieser Entwicklung sei es nicht seriös, wenn die SPD-Finanzsprecherin Matthäus-Maier „heute Krokodilstränen über die Staatsverschuldung“ vergieße.

Matthäus-Maier bezeichnete das SPD-Konzept hingegen als „absolut solide“: Wenn rund zehn Prozent der Energie eingespart werde und zugleich die Energiesteuern stark erhöht werden, könne es allenfalls zu einem Ausfall von einem Prozent des gesamten Steueraufkommens kommen. Sie forderte die Regierung zudem auf, die Ausgaben für den Jäger -90 einzusparen und mit diesem Geld den Reformprozeß in Osteuropa zu unterstützen. Mit „mehr Mut“ solle an die 30 Milliarden Mark Bundessubventionen herangegangen werden, die im Bundeshaushalt mitgeschleppt werden.

Bärbel Rust von den Grünen bezeichnete die Ankündigung der SPD, als Bundesregierung die Kohle aus der Energiesteuer -Belastung herauszunehmen, als typische Lobby-Politik. Mit Ökosteuern müsse die Umwelt kuriert werden und nicht ein maroder Staatshaushalt. Die SPD müsse sich mit der Binsenweisheit vertraut machen, daß Umweltschutz Geld koste.

Kritik am Staatshaushalt kam aber auch aus der FDP. Deren haushaltspolitischer Sprecher, Weng, kritisierte das hohe Aufgabenwachstum von 3,4 Prozent. Einsparmöglichkeiten sollten vor allem bei den Ausgaben für Aussiedler und im Verteidigungsministerium gesucht werden. Durch kürzere Deutschkurse für Aussiedler könnten noch 1990 einige hundert Millionen Mark eingespart werden. Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Friedmann (CDU), warnte jedoch davor, den Verteidigungsetat als „große Spardose“ anzusehen. Der in der Außenpolitik dilettierende Abgeordnete, der demnächst zum Europäischen Rechnungshof wechselt, schlug vor, nicht nur Österreich, Finnland und die Schweiz in die EG aufzunehmen, sondern auch Ungarn und Polen. Blockübergreifend könnten damit, so Friedmann, die Grenzen „ad absurdum“ geführt werden.

diba