Nicht nur eine Identität haben

■ Als 36tes Mitglied im „Culture Club“ der Bremer Gitarrist, Sänger und Musiker Peter Apel

„Hans Dampf in allen Gassen“ hört er nicht so gern als Umschreibung seiner vielfältigen und vielseitigen musikalischen Aktivitäten. „Das klingt irgendwie beliebig“, meint der agile Gitarrist mit modisch-scharfem Rotschopf. „Ich mach unterschiedliche Sachen, und die versuche ich so authentisch wie möglich zu machen. Ich hab nicht nur ein Feeling, ich will auch nicht nur eine Identität haben als Musiker, sondern halt verschiedene Sachen machen.“

Und da ist einiges aufzulisten, was Peter Apel so am Kochen hat. An erster Stelle steht dabei für ihn die Peter Apel Kombo. „Da steckt am meisten Individualität von mir direkt drin. Die Kombo ist wirklich mein Ding, Ich hab da ein paar rudimentär jazzige Sachen drin, ein paar rockige und experimentelle.“

Für die Kombo komponiert Apel auch am meisten. Er sieht sich gern als musikalischen Geschichtenerzähler, „der so skurrile Geschichten erzählt.“ Das sind meist verfremdete Phantasien über Erlebtes und Gefühle. „Ich bin eigentlich ein lyrischer Typ, fast bis hin zu romantisch. Das mischt dann mit relativ depressiven Stimmungen, hat meistens was mit Einsamkeit zu tun und Reflektionen darüber. Ich seh dann so verkarstete Landschaften vor mir. Eigentlich leb ich kon

stant in einer Art Endzeitstim

mung. Das finde ich auch garnicht irgendwie hergeholt, daß das grad modern ist, weils einfach auch vorhanden ist.“

Solche Stimmungen und Gedanken, auch die Sprünge und Brüche setzt er in Klänge und Text um und bastelt die dann in seinen Kompositionen collageartig zusammen. Wenn ihm Ideen kommen, spielt er sie in seinen Sampler ein oder notiert sie, später montiert er solche gesammelten Gedanken-und Gefühlsfetzen zu abgerundeteren Stücken. Dabei überlegt er sich „eigentlich nie vorher eine Tonart oder Akkordfolge“, das ergibt sich spontan. Das Resultat sind meist lakonische, splitternd-spröde Klänge, durchsetzt mit lyrischen Tupfern, strukturiert durch überraschende Breaks und Pausen vielleicht musikalische Umsetzung seiner Vorliebe für abgebrochene Sätze - und das Ganze in nervös-großstädtischem Tempo.

Für den Spätherbst ist eine Tournee mit der Kombo geplant und Ende des Jahres soll eine Platte herauskommen. Dem Jazzfeeling geht der gelernte Speditionskaufmann - „danach hab ich mir gesagt, das ist jetzt gut, jetzt mach ich nie mehr was in der Richtung“ - gleich in mehreren Formationen nach. Im Newjazz-Quartett Raum 19, für das ebenfalls Plattenpläne geschmiedet

werden, im Trio Round Midnight, und seinem süddeutschen, durch Bläser erweiterten Pendant, Pocket Orchestra, die ausschließlich Jazzstandards spielen und im Ensemble Raum 19, der Großformation in Nachfolge des seligen Kroß -Orchesters.

Beim Ensemble, das Jazz-und Blueselemente mit e -musikalischen, sinfonischen Strukturen verbindet und in diese Klänge dadaistische Textfragmente streut, scheint allerdings erstmal Pause angesagt zu sein.

Obwohl das Publikum wohlwollend bis begeistert reagierte, meint Apel:„Ich hab nach den bisherigen Konzerten das Gefühl, es besteht nicht so richtig Bedarf“. Das ist allerdings auf die MusikerInnenszene gemünzt. „Es muß mehr Interesse geben, sowas zu unterstützen und was einzubringen. Wenn nicht ein paar Leute darauf stehen, meinen, daß Bremen sowas haben muß, dann ist das nur eine fürchterliche Rackerei.“ Er will trotzdem nicht ausschließen, sich auch in Zukunft nochmal abzurackern. (Zu hören ist das Ensemble auf dem hörenswerten DACAPO-Sampler, den es leider nur auf CD gibt.)

Aber auch das Rock-und Popfeeling kommt bei Apel nicht zu kurz. Er mischt bei den Dry Halleys mit und bei dem Dance -Groove-Projekt „Jacid-Live-Party“, das auf der Breminale

sein gefeiertes Debut gab (Zu hören auf dem Strange-Ways -Sub-

label Alien-Style-Sampler „What the Hell is Jazid?“), und dann ist da noch die „weiblich-orientierte“ Popgruppe Second Sight, musikalisch „mainstream und querbeet“ schwimmend, „aber mit Stil“.

Kann er von seiner Musik leben? „Naja, was heißt von meiner Musik? Also, ich gebe Unterricht, mach Konzerte und ab und zu mal Workshops und das alles zusammen reicht so, daß ich nicht zum Sozialamt gehen muß.“ Was seiner Meinung nach fehlt in Bremen, ist v.a, ein Label, auf dem die Bremer JazzerInnen ihre Musik veröffentlichen können, eine größere Offenheit der Radio Bremen-MacherInnen für die lokale Jazzszene und, trotz MIB, eine engere und kontinuierlichere Zusammenarbeit der MusikerInnen am Ort.

Pläne? Plattenveröffentlichungen, Ausbau der Zusammenarbeit mit nichtbremischen Musikern und arbeiten an der engeren Vernetzung von Musiker-Initiativen aus der Region.

Arnaud