„Türken raus“ auf Tür gesprüht

■ Kleinkrieg in Wohnhaus / Strafe: 20 Tagessätze

„Kanaken, Türken raus!“ soll der 56jährige Bremer L. um Mitternacht an die Wohnungstür einer türkischen Hausnachbarin in einem Wohnblock der Emil-Richter-Straße gesprüht haben. Wegen Beleidigung und Sachbeschädigung stand er am Montag vor dem Amtsgericht.

Der Beschuldigte L. schilderte zunächst die fragliche Nacht aus seiner Sicht: Am 6., dem Vorabend seines Geburtstages, habe er mit Freunden in der L'schen Wohnung gefeiert. Als die Getränke ausgingen, habe er mit einer Nachbarin zusammen Nachschub geholt. Zusammen mit dieser und einem Taxifahrer habe er die Plastiktüten mit Getränken die Treppen hoch getragen, helfen lassen mußte er sich wegen starker Schmerzen in seinem linken Arm. Schon allein wegen dieser Schmerzen hätte er die Tür gar nicht besprühen können: „Wie soll ich denn gleichzeitig die Tüte halten und die Tür besprühen?“ lautete L.s messerscharfe Logik, die einige Zweifel offenließ, da L. erstens Rechtshänder ist und man zweitens eine Tüte auch abstellen kann. Als L. sich in seiner „Beweisführung“ derart widerlegt sah, fuhr er schwerere Geschütze auf: Im Gegensatz zu ihm habe die Klägerin B. mit jedem im Hause Streit gehabt, sie habe mit zubrochenen Gläsern nach Kindern geworfen, L.s Tochter mit einem Messer bedroht, eine weitere Hausbewohnerin mit einer Bank zu erschlagen gedroht.

„Frau B. hat überall Ärger und Streit. Sie macht auch alle deutschen Kinder auf der Straße an.“

Dieser Charakterisierung B.s ließ er noch einen gehässigen Seitenhieb folgen: Er wolle bei dieser Gelegenheit die Frage stellen, seit wann man es sich als Sozialhilfeempfänger leisten könne, den Führerschein zu machen? - Abgeschmettert von Amtsanwalt Schinkel: „Sie tragen doch auch Schmuck, Herr L..“

Frau B. selbst als Zeugin beklagte sich vor dem Richter über häufige Belästigungen durch L. „Ich will doch nur meine Ruhe habean und daß meine Kinder keine Angst mehr haben!“ erklärte sie ihre Anzeige. Beim Besprühen der Tür habe sie L. durch das Schlüsselloch gesehen. Als er gegangen sie, habe sie die Tür geöffnet und den Spruch gelesen, wobei die frische Farbe noch lief.

Nach Abwägung der Ausagen beider Parteien kam Richter Kopmann zu einem Schuldspruch, in dem er L. zu der vom Staatsanwalt geforderten Strafe von 20 Tagessätzen a 15 Mark verurteilte. Frau B.'s Aussage sei von höherer Glaubsürdigkeit, weil sie kein Interesse an einer Bestrafung L.s habe. L. dagegen habe keine Gelegenheit ausgelassen, „Kübel Unrats über Frau B. auszugießen“. Mit allen Mitteln habe er versucht, die Klägerin anzuschwärzen, jedoch so ungeschickt, „daß der Schuß nach hinten losging.“ L. kündigte Einspruch an. G.T