Kein kleiner Unterschied im Paß

Eine Herforderin will sich nicht länger als Mann ausweisen müssen / Sie lehnt es ab, als Inhaber zu unterschreiben / Auch im Bundesdeutschen Reisepaß gibt es keine weibliche Form / Beschwerde bei Bundesinnenminister Schäuble eingereicht  ■  Von Bettina Markmeyer

Nicht so scharf wie manche/r ungarnreisende/r DDR-BürgerIn auf bundesdeutsche Ausweispapiere ist die Herforderin Bärbel Schröder. Beim örtlichen Einwohnermeldeamt verweigerte sie die Unterschrift und schickte das frisch ausgestellte, maschinenlesbare Plastikkärtchen an Innenminister Schäuble zurück. Sie hatte nämlich festgestellt, daß sie im Begriff war, sich mit falschen Papieren zu versorgen.

Sich gültige Papiere zu beschaffen, beschied Bärbel Schröder den Minister, sei ihr leider nicht möglich, ein Problem, das im übrigen die Hälfte der Bevölkerung betreffe: „Ich habe mich umgehört und umgesehen...“ Werde doch für Ausweis und Paß zur Identifikationssicherung die „Unterschrift des Inhabers“ verlangt und im Reisedokument außerdem kundgetan: „Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher“. Schröder an Schäuble: “... muß ich Ihnen mitteilen, daß ich kein Inhaber bin und auch kein Deutscher, wie Sie leicht an meinem Namen sehen und anhand meiner Geburtsurkunde, die ich Ihnen als Kopie beilege, nachprüfen können... Würden Sie, Herr Schäuble, einen Ausweis unterschreiben, in dem steht: „Unterschrift die Inhaberin?„

Ob Herr Schäuble würde oder nicht, ist noch nicht raus, bisher hat der für den Entwurf der Ausweispapiere zuständige Minister nicht geantwortet. Geantwortet hat aber die Abteilung Frauenpolitik bei Ursula Lehr, „Bundesminister“ für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, an die sich in Bärbel Schröders Namen die Herforder Gleichstellungsbeauftragte gewandt hatte. Die „Verordnung zur Bestimmung der Muster der Personalausweise der Bundesrepublik Deutschland“ vom 2.Juli 1986 lege die männliche Sprachform fest, ebenso wie die erst am 1.Januar 1988 in Kraft getretene Verordnung für Reisepässe, die auch für den neuen roten Paß gilt. Bisher herrschte in den Behörden die Auffassung, daß eine Bezeichnung wie „der Inhaber“ keinen geschlechtsspezifischen Inhalt hat. Das jedenfalls schrieb der damals noch amtierende Innenminister Friedrich Zimmermann an Sabine Baronin von Freytag Löringhoff, die sich im Jahr 1987 mit der gleichen Beschwerde wie jetzt die Herforderin Bärbel Schröder ans Ministerium gewandt hatte. Seither existiert auch ein „interministerieller Arbeitskreis Rechtssprache“, der über die Anpassung des behördlichen Sprechens an die real existierende Geschlechterdifferenz philosophiert.

Verordnungen kann mann eben nicht einfach ändern. Mindestens bis nach Brüssel, war von Rechtsspezialist Reichel in der Abteilung Frauenpolitik bei besagtem „Bundesminister“ zu erfahren, müßte die emanzipatorische Revolution im Paßwesen abgeklärt werden. Nach einheitlicher EG-Empfehlung aus dem Jahre 1981 sind nämlich auch in Frankreich, Holland oder Dänemark Frauen in ihren Pässen Männer. Es sei denn, sie arbeiten im diplomatischen Dienst: DiplomatInnenpässe gibt es inzwischen für Inhaber und für Inhaberinnen, zwei verschiedene Druckvorlagen sorgen für die frauenpolitische Sensation.

Dafür, daß auch Nichtdiplomatinnen in Zukunft richtige Ausweise bekommen, will Bärbel Schröder notfalls vor Gericht ziehen. Sie selbst jedenfalls wird keinen männlichen Ausweis mehr akzeptieren und hat fürs ausweislose Leben bereits Mitstreiterinnen gefunden.