Scheidung ohne Drama

■ Beratungsstelle will Ehepartnern und Eltern helfen, sich zu trennen / Hilfe gibt es nicht nur in juristischen Fragen - auch psychologischer Rat wird angeboten

Steigt die Lust zur Heirat, hat auch der Entschluß, sich hinterher wieder scheiden zu lassen, Hochkonjunktur: Allein in Berlin wurden 1988 fast 6.000 Ehen geschieden. Leidtragende bei der Trennung sind zumeist die Kinder, die den familiären Bruch seelisch nicht verkraften. Im Hickhack um Sorge- und Umgangsrecht rücken sie nicht selten ins Zentrum der elterlichen Auseinandersetzungen vor Gericht.

Was tun, um Töchtern und Söhnen den seelischen Trennungsschock zu ersparen? Eine Beratungsstelle, die bei solchen Problemen Hilfestellung gibt, ist die „Arbeitsgemeinschaft Zusammenwirken im Familienkonflikt“. Sie hatte gestern zu einer Pressekonferenz eingeladen, um ihre Arbeit der Öffentlichkeit vorzustellen. „Wir verstehen uns bewußt als Trennungsberatung, weil die Paare, die zu uns kommen, nicht wieder zusammengeschweißt werden wollen“, umriß Rechtsanwalt Jochen Hiersemann die kostenlose Tätigkeit der Einrichtung.

1986 von Juristen und Berufstätigen aus dem sozialen und psychologischen Bereich ins Leben gerufen, haben sich insgesamt zwölf Berater zur Aufgabe gemacht, den oft unmenschlichen Begleiterscheinungen einer Scheidung den Garaus zu machen. Finanziert wird die Einrichtung in der Wilmersdorfer Wilhemsaue vom Senat und dem Diakonischen Werk.

„Zu uns kommen Paare, die zum Beispiel nicht wissen, wie sie ihren Kindern die Trennung mitteilen sollen“, erklärte die Psychologin Frauke Decker, die hauptamtlich in der Beratungsstelle arbeitet. „Natürlich gibt's da kein Patentrezept. Wir lassen die Eltern selber daran arbeiten und stehen ihnen beratend zur Seite.“ Wichtig sei, daß sich die Betroffenen mit dem Problem bewußt auseinandersetzten. „Eltern weichen Konflikten viel zu oft aus und verlassen sich ausschließlich auf ihren Rechtsanwalt“, kritisierte Hiersemann.

Ziel der Beratungsstelle: „Wir wollen den Eltern vermitteln, wie sie sich zum Wohle ihrer Kinder verhalten können, wenn sie sich trennen“, so die Psychologin. Außerdem helfe man, eigene Interessen herauszuarbeiten und Tips in puncto Sorgerecht und finanzielle Absicherung zu geben.

„Unsere Arbeit ist interdisziplinär, das heißt, es beraten Juristen, Psychologen und Sozialarbeiter gemeinsam“, so Decker. Diese Methode, genannt „Mediation-Therapie“, wird in zunehmendem Umfang nicht nur von Einzelpersonen, sondern auch von Paaren und Eltern gemeinsam mit den Kindern wahrgenommen. „Bei einer Scheidung können gerade auch Kinder lernen, sich mit Konflikten auseinanderzusetzen, ohne den anderen zu verletzen“, beschrieb die Psychologin den Vorteil der Familienberatung.

Neben der Einzel- und Gruppeninformation für Ehepaare und Eltern bietet „Zusammenwirken im Familienkonflikt“ auch Fortbildungsseminare für alle am Familienrechtsstreit beteiligten Berufsgruppen an. „Oft behandeln Rechtsanwälte eine Scheidung wie einen Verkehrsunfall“, erklärte Hiersemann. In interdisziplinären Kursen wollten sie interessierte Juristen oder Sozialarbeiter das formalhafte Vorgehen vor Augen halten und Wege zur außergerichtlichen Konfliktlösung zur Diskussion stellen. Schlichtung und Vermittlung im Konflikt soll durch kooperative Arbeit zwischen Justiz und sozialen Einrichtungen unterstützt werden. Rechtsanwalt Hiersemann: „Die gerichtliche Lösung allein bringt nicht genug Möglichkeiten, um nach der Scheidung sorglos weiterzuleben.“ c