Mehr Ersatzdrogen für Berlin?

Viertägige Methadon-Anhörung beendet / Gespräch mit dem Berliner Drogenbeauftragten Wolfgang Penkert  ■ I N T E R V I E W

Ein Methadon-Programm für Berlin zu erstellen, hatten SPD und AL in der Koalitionsvereinbarung angekündigt. Gestern ging im Rathaus Schöneberg eine viertägige Anhörung zu Ende. Deutsche und internationale Experten hatten auf Einladung der neueingerichteten Arbeitsgruppe des Senats von ihren Erfahrungen mit der Vergabe der Ersatzdroge Methadon an Drogenabhängige berichtet. Die Anhörung stieß nicht nur bei der Arbeitsgruppe des Senats, die Kriterien für Umfang und Vergabe des Methadons entwickeln soll, auf großes Interesse: im Publikum waren auch VertreterInnen der verschiedenen Berliner Drogenprojekte. Die taz befragte den Landesdrogenbeauftragten Wolfgang Penkert.

taz: Hat die Anhörung Ihnen irgendwelche neuen Erkenntnisse gebracht?

W. Penkert: Neue Erkenntnisse nicht, weil ich mich schon sehr lange mit der Problematik befaßt habe. Allerdings - daß die Vertreter aus Nordrhein-Westfalen uns hier zur sogenannten Berliner Lösung beglückwünscht haben - also Drogensubstitution mit Hilfe der Ärztekammer im Einzelfall zu ermöglichen - daß wir also weiter sind in bestimmten Dingen, als uns immer vorgehalten wird, das war eine neue Erkenntnis.

Gibt es noch irgend einen Zweifel daran, daß es ein größeres Methadon-Programm für Berlin geben wird?

Ich kann jetzt überhaupt noch keine Schlüsse ziehen, die Arbeitsgruppe muß sich erst wieder zusammensetzen. Von einem Programm ist bisher auch nicht die Rede. Wir haben ja in Berlin bislang für 65 Leute die Einzelfallindikation mithilfe der Ärztekammer. Im sogenannten Modellprogramm in Nordrhein-Westfalen sind das auch nicht mehr. Wir beschreiten hier zwar einen anderen Weg, wissen aber durchaus, was wir tun. Jetzt müssen wir aus dem, was sich in Berlin entwickelt hat, und dem, was man hier auf der Anhörung gehört hat, eine vernünftige Konzeption machen.

Meinen Sie also, daß die jetzt praktizierte Einzelvergabe von Methadon ausreichend ist? Oder sind Sie für ein breiteres Programm, zum Beispiel auch mit Bussen, wie in Amsterdam?

Amsterdam ist für uns überhaupt keine Möglichkeit, denn die deutsche Rechtsprechung - und das ist bei der Anhörung von den Juristen noch mal deutlich gemacht worden - läßt für eine Substitution, die nicht ärztlich im Einzelfall begründet ist, überhaupt keine Möglichkeit. Und insofern hat man uns beglückwünscht, daß wir mit Hilfe der Ärztekammer eine Lösung gefunden haben.

Also ist das Berliner Modell okay und muß nach Ihrer Meinung auch gar nicht verändert werden?

Doch. Wir brauchen eine Clearing-Stelle, die Ärzte berät, wie man mit Süchtigen umgeht, und die mit Drogenberatern zusammenarbeiten. Wir brauchen mehr Kapazitäten für die psychosoziale Betreuung. Wir brauchen mehr Ärzte und Fortbildung für Ärzte.

Interview: mow