Hausmannskost

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(Mit Leib und Seele, 20.15 Uhr, ZDF) Kann einer, der im Hessischen geboren ist, kritische Distanz wahren zu einer Sendung, die auf das freundlichste das Ambiente einer fachwerkbestückten Kleinstadt ausleuchtet, in der die Kirche samt Pfarre noch so etwas wie ein verschobener zwar, aber immerhin noch ein Mittelpunkt ist. Kann er, als kritischer Kritiker, den schnellen Herzschlag vergessen machen, den er im fernen Berlin erfuhr, als er die engen Gassen sah, den gestrengen Friseur, der auch schon bessere Tage gesehen hat, oder das Servieren von Schwartenmagen und Schlachtplatte?

Versuchen wir es trotzdem: Es war einmal eine erfolgreiche Serie, die einen jungen progressiven Pfarrer Wiegandt nebst Frau und Kind zeigte, der sich engagiert für seine Mitmenschen und seine Umwelt einsetzte. Dieser Pfaffe war so erfolgreich, daß die Amtskirche flugs ihre Distanz gegen solcherart Bildschirmverkündung auf- und ihren Segen draufgab. Da begab es sich aber, daß der Darsteller dieses modernen Pfaffen die Schnauze voll hatte vom modernen Pfarrersleben und so eine Lücke im allabendlichen Programm entstand. Damit der Zuschauer nun aber auf den heiligen Geist aus der Glotze nicht verzichten muß, hat jetzt das ZDF eine ebensolche erbauliche Pfarrer-Serie gestartet, die den Paradeplatz der Fernsehunterhaltung am Samstag abend um 19.30 Uhr besetzt.

War nun der ARD-Pope ein spindeldünner, intellektueller 68er Typ, der mit seinem Volvo übers Land fuhr, evangelisch natürlich, so hat das ZDF - wir haben ja zwei große Kirchen

-einen dickleibigen katholischen Pfarrer dagegengesetzt, der alkoholfrei und ohne Führerschein „Humor, Spannung und Gefühl“, so die Anstalt, über die Mattscheibe bringen soll. Aber ganz ohne fortschrittlichen touch geht es auch bei den Mainzern nicht, Pfarrer Adam Kempfert, ein doppelter Doktor der Theologie und der Philosophie ist nämlich einer, der zu allem etwas zu sagen hat, sei es die Startbahn West oder zur Problematik der Atomenergie. Ansonsten rauscht die Orgel, tut der Pfarrer Gutes, kommt auch schon mal Rührung auf, und sogar zwei Actionszenen dürfen nicht fehlen, um die Spannungskurve nicht ganz abflachen zu lassen, alles wie gehabt.

Fazit: Was hier in 26 Episoden auf uns zukommt, ist Hausmannskost, die dem Publikum wohl mundet, nicht die gehobene, wie sie heute auch schon in einigen ländlichen Regionen zu haben ist, sondern die, die in deutschen Landen täglich auf den Tisch kommt. Salzlos.

Ks