Viel Rauch um nichts

Der Antidrogenplan des US-Präsidenten und seines Hilfssheriffs William J. Bennett  ■ K O M M E N T A R

Warten auf den acht Milliarden Dollar schweren Bennett-Plan. Nun ist er da: „Antidrogenkrieg“ klebt auf dem Maßnahmenpaket. Aber schon am Umfang läßt sich erkennen, daß es eine Mogelpackung ist. Ganze 717 Millionen Dollar mehr an Bundesmitteln als zu Beginn dieses Jahres ohnehin angesetzt, will der US-Präsident dafür locker machen. Neu an der Sache ist vor allem das Wort von der „Generalmobilmachung“. Alles, was der Drogenbekämpfung dienen kann, hat er zusammengezählt - vom Küstenwachboot in Miami bis zum Ausbau der Gefängnisse -, um auf die imposanten acht Milliarden zu kommen. Aber damit hat Bush publikumswirksam reagiert. Die von Dealer -Schießereien und tausenden Drogentoten gepeinigten US -Bürger wollen, daß etwas geschieht. Denn die Hälfte von ihnen hält mittlerweile Rauschgift für das Gesellschaftsproblem Nummer eins, noch vor Aids, Atomkriegsgefahr und Umweltzerstörung.

Steuerlich schröpfen möchte Präsident-Bush mit seinem Feldzug allerdings niemanden, schon gar nicht seine Wähler -Klientel. Deshalb muß ihm ein Trick helfen, den bereits Reagan anwandte: Sozialprogramme streichen. Und aus diesem Topf kommen auch die Mehrausgaben.

Doch welcher Ansatz findet sich in Bushs Kampfansage? Es entspricht der nordamerikanischen Mentalität, derartige „Kampagnen“ in Form eines Feldzugs zu führen: konzentrierter Einsatz, rasche Erfolge. Entsprechendes Gewicht im Bennett -Plan besitzt denn auch die repressive Komponente, der Einsatz staatlicher Gewalt. 70 Prozent der Finanzen des Bennett-Plans dienen vor allem der Verstärkung von Polizei und Drogenfahndung, allein 1,6 Milliarden Dollar dem Ausbau der Bundesgefängnisse. Härtere Strafen, mehr Gefängnisse alles Mittel, die bereits in der Vergangenheit gegen den Drogenhandel versagten, wie ein Kongressabgeordneter der Demokraten achselzuckend kommentierte. Die Chancen für jenen „Enthauptungsschlag“, mit dem William Bennet mit Blick nach Saudi-Arabien liebäugelt (dort werden „Drogenkriminelle“ enthauptet), stehen jedoch eher schlecht. Und so kommt denn auch - zum neokonservativen Credo passend - die „Nachfrageseite“ mies weg. Weniger als ein Drittel der Bennett-Dollars wird den Drogenabhängigen zufließen, wird für Aufklärung, Behandlung und Therapie ausgegeben. Da droht man den Drogenkonsumenten lieber mit Führerscheinentzug.

Wie wenig dem Bennett-Plan eine durchdachte Strategie zugrunde liegt, zeigt schon die beabsichtigte Dollarspritze für Peru, Bolivien und Kolumbien. Nichts von diesem Geld ist für wirtschaftliche Umstrukturierung der Coca anbauenden Länder vorgesehen. Solange es aber für Bauern zehnmal mehr bringt, den Rohstoff für das weiße Pulver anzupflanzen, brauchen sich die fettleibigen Ochoas des Kokainkartells um Nachschub nicht zu sorgen. Hätten Bush und sein Adlatus Bennett einmal nachgerechnet, so wären sie darauf gekommen, daß sie allein den peruanischen Coca-Bauern jährlich mindestens zwei Milliarden Dollar Ausgleich zahlen müßten, damit sie ihre Sträucher niederbrennen. Lediglich - wie in der Vergangenheit - bei militärischen Alibi-Aktionen ein paar Coca-Felder abzufackeln, wird dem Anbau der Droge keinen ernsthaften Schlag versetzen.

Zu den beiden wichtigsten Schlachtfeldern des künftigen Drogenkriegs enthält der Plan gar nichts: Überlegungen zur Legalisierung des Drogenhandels und Maßnahmen gegen das Investieren der Narco-Dollars. Eventuell besteht die Chance, über staatlich kontrollierten Drogenverkauf die Kokainpreise zu drücken, den Drogenbossen das Wasser abzugraben und die Beschaffungskriminalität zurückzuschrauben. Ein Gedanke, der noch unausgereift ist, jedoch weiter gedacht werden sollte. Denn eine staatlich kontrollierte Drogenabgabe, etwa aus der Apotheke, könnte der Mafia das Geschäft kaputtmachen. Gelingt es nicht, die Großdealer auszuhungern, wird sich eine gespenstische Tendenz fortsetzen: Narco-Dollars über Geldwaschanlagen auf ganz gesetzliche Weise in die Wirtschaftskreisläufe zu pumpen und dort zu investieren. Schon heute haben die Drogen-Barone schätzungsweise 2.000 Milliarden (!) Narco-Dollars als Kapital in der Edelsteinbranche, Gastronomie und Touristik angelegt, um nur einige Bereiche zu nennen. Und wer will, wenn die Dunkelmänner der Kartelle erst einmal Großaktionäre sind, sie dann noch stoppen.

Thomas Worm