: Christdemokratische Geheimdienstunion
■ Die Berliner CDU hat nach Lummer ein zweites „Sicherheitsrisiko“: Exbausenator Klaus Franke
Daß der von der DDR-Stasi erpreßte Heinrich Lummer Innensenator bleiben durfte, hatte als erster der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker zu verantworten. Sein Nachfolger Eberhard Diepgen wollte offenbar nicht dahinter zurückstehen und nahm sich einen Bausenator dazu, der schon einmal wegen seiner „Ost-Kontakte“ von den Alliierten abgeblockt worden war.
Mit Klaus Franke (66) ist jetzt ein weiterer Spitzenpolitiker der Berliner Christdemokraten in den Verdacht „der geheimdienstlichen Tätigkeit“ für die DDR geraten. Der Exbausenator sollte heute seine neue Funktion als Vorsitzender des „Ausschusses für den Verfassungsschutz“ antreten - daraus wird nun nichts. Der Korvettenkapitän a.D. hat nach Mitteilung des SPD-Innensenators Pätzold „die für diese Aufgabe notwendige Sicherheitsüberprüfung nicht bestanden“. Franke ist ein Sicherheitsrisiko, heißt es lapidar beim Innensenat.
Aus anderen Quellen verlautet, Frankes Ost-Kontakte hätten sich nicht auf den Staatssicherheitsdienst der DDR („Stasi“) beschränkt. Neuere Erkenntnisse ließen vielmehr auf Verbindungen zum sowjetischen KGB schließen. „Lummer und Franke“, so verkündete Pätzold, „haben nach Einschätzung des Verfassungsschutzes die typische Agentenkarriere hinter sich.“
Das kann gut angehen. Klaus Franke ist in jedem Fall ein Mann mit einschlägiger Vergangenheit: Mit dem „Führernachfolger“ Dönitz ging der Ex-U-Bootfahrer 1945 kurzfristig in britische Internierung. Von 1946 bis 1956 war er dann bei „verschiedenen englischen und amerikanischen Dienststellen tätig“. Was er da gemacht hat, ist unbekannt. Offenbar war dieser Job aber wegweisend für seine weitere Karriere: Von 1956 war Franke, nach eigenen Angaben bis 1966, als Agent für das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz tätig. Ein kurzes, aber folgerichtiges Gastspiel gab er dann noch bei der Berliner Industrie- und Handelskammer, bis er über den Steglitzer Kreisverband der CDU in die große Politik gelangte.
Da gab es dann unverhoffte Schwierigkeiten: Nach Übernahme der Regierung durch Weizsäcker und die CDU 1981 sollte Franke Bausenator werden. Davor allerdings standen die Alliierten - sie blockierten die Ernennung. Franke galt ihnen trotz seiner Meriten im Dunkelmänner-Milieu als Sicherheitsrisiko: Sein bester Freund war nämlich in den siebziger Jahren als Stasi-Agent aufgeflogen. „Das könnte das Ende meiner Laufbahn sein“, jammerte der Zurückgestellte seinerzeit.
Unter dem Regierenden Bürgermeister Diepgen rutschte er dann 1984 - mit Unterstützung seines Bruders im Geiste, Innensenator Lummer - doch noch auf den Posten des Bausenators. Der Karrieresprung währte allerdings nur kurz: Wie sein Mentor Lummer mußte auch er 1986 seinen Abschied als Senator nehmen. Im Zuge der Berliner Bauskandale war Franke ins Zwielicht geraten. Ein Riesenverkauf landeseigener Wohnungen zum Dumping-Preis an eine befreundete Baugesellschaft, mit deren Geschäftsführer er sich eine Liegenschaft in der Schweiz teilte, brachte ihn zu Fall. „Auch in diesem Punkt gibt es noch einige ungeklärte Vorgänge um Franke“, läßt man heute beim Berliner Innensenat durchblicken.
Fortan kümmerte sich Franke um die „innere Sicherheit“. Für die CDU saß der agile Mann dann jahrelang im Innenausschuß, wo er durch seine harschen Attacken gegen die „Szene“ von sich reden machte.
Nach der Regierungsübernahme durch die rot-grüne Koalition und der Verkündung des festen Vorsatzes der Koalitionäre, vor allem den Berliner Geheimdienstsumpf trocken zu legen, meldete die CDU ihren Franke als Vorsitzenden für den Ausschuß an, der den VS fortan kontrollieren soll (siehe Kasten).
„Ich als alter Verfassungsschutzmitarbeiter brauche doch eigentlich überhaupt keine Sicherheitsüberprüfung“, machte Franke noch vor wenigen Wochen dem amtierenden VS-Chef Schenk leutselig klar. Doch der prüfte und entschied anders. Franke, als erfahrener U-Bootfahrer gewohnt, schnell auf Tauchstation zu gehen, ist inzwischen nicht mehr zu erreichen. Vorsorglich hat er den Ausschußvorsitz aber schon mal niedergelgt. Die somit erneut schwer angeschlagene Berliner CDU präsentierte daraufhin gestern als neuen Kandidaten für den Ausschußvorsitz den Exkripomann und Lummer-Intimus Klaus Wienhold.
Till Meyer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen