Männer auf den Barrikaden

■ In Berlin fühlen sich Herren der Schöpfung diskriminiert, weil die Frauensenatorin Stellen für das neue Frauenreferat nur mit weiblichen Bezeichnungen ausschreiben ließ

Wenn es um die Berliner Frauensenatorin Anne Klein geht, ist der großen Männerkoalition kein Anlaß zu lächerlich oder zu peinlich, „Skandal“ zu brüllen. Auf die Barrikaden ging jetzt ein Berliner Stadtamtmann. Grund: eine Stellenausschreibung der Senatverwaltung Frauen, Jugend und Familie im Berliner Amtsblatt. Für das neu einzurichtende Frauenreferat wurden dort kürzlich fast ein Dutzend Mitarbeiterinnen gesucht, wobei alle Stellen in der weiblichen Form ausgeschrieben wurden, also: „Regierungsrätin“, „Regierungsamtsfrau“, „Obersozialrätin“ usw. Außerdem wurde von den Bewerberinnen „frauenpolitisches Engagement“ gewünscht.

Der empörte Beamte sieht darin die „Chancengleichheit aller männlichen Beamten“ in Berlin verletzt und das Grundgesetz sowieso. Der Sohn eines CDU-Abgeordneten zeigte angeblich für die eine oder andere Stelle - wo u.a. auch über die Vergabe von Geldern für Frauenprojekte entschieden wird Interesse, hält sich offenbar auch für qualifiziert genug (Über sein frauenpolitisches Engagement liegen der Redaktion keine Erkenntnisse vor.). Doch die diskriminierenden Angebote erbosten ihn zu sehr - trotz des Bescheids aus dem Frauensenat: „Auch Männer können sich bewerben.“ Der Beamte ging mit seiner Beschwerde gleich vor den Petitionsausschuß, wo außer seiner inzwischen noch andere eingegangen sind.

Im Hause der Frauensenatorin freut frau sich über die Aufmerksamkeit, die dieses „provokative Signal“ ausgelöst hat und hofft, daß auch den nur für Männer ausgeschriebenen Stellen in Zukunft genauso viel Beachtung geschenkt wird. Immer wieder habe die Frauenbeauftragte auf diese alltägliche Praxis der Frauendiskriminierung aufmerksam gemacht - bisher allerdings meist vergeblich. Interessanterweise werde die Öffentlichkeit aber erst im umgekehrten Falle hellhörig. Um den Verwaltungsrichtlinien des Landes Berlin zu genügen, wird der Frauensenat nun seinen „formalen Fehler“ beheben und die Stellen noch einmal geschlechtsneutral ausschreiben. Damit auch auch „frauenpolitisch engagierte Männer“ eine Chance haben. Bei gleicher Qualifikation werden allerdings Frauen bevorzugt eingestellt, um so gemäß des politischen Auftrags die Frauenquote im öffentlichen Dienst anzuheben.

In der Senatskanzlei gibt es gegen die ursprüngliche Ausschreibung keine Bedenken. Obwohl man dort zwar lieber neutrale Stellenbezeichnungen gesehen hätte, hält man sie für „völlig einwandfrei und korrekt“. Schließlich seien die Stellen für das Frauenreferat und es gäbe wohl kaum einen Mann, der entsprechendes Engagement dafür mitbringen würde. „Zum ersten Mal werden nur Frauen gesucht, und gleich hagelt es Proteste. Das passiert bei nur für Männer ausgeschriebenen Angeboten nicht“, so Senatssprecher Werner Kohlhoff.

Gift spritzte nicht nur die Springer-Presse, sondern auch der 'Tagesspiegel‘. Zitate aus einem Sonntagskommentar: „Das Amtsblatt von Berlin dient neuerdings als Propagandaschrift zur politischen Provokation.“ Und weiter unten: „Das ist weder Politik noch Verwaltung, sondern Steckenpferdreiten unter Mißachtung parlamentarischer Verantwortung. Dem Senat scheint nicht zu genügen, sich Frau Klein zuliebe mit dem großen I überregional lächerlich gemacht zu haben.“ Will heißen: In der Berliner Amtssprache wurde kürzlich die von den tazlerInnen eingeführte Schreibweise zur Sichtbarmachung der Weiblichkeit übernommen. Empörend!

Ulrike Helwerth