Kabel frei für Pornoprogramm?

In Berlin will das erste „Pay-TV“ auf dem „Mitternachtskanal“ mit Pornos auf Sendung gehen / Der Kabelrat ist empört: Bewilligt war nur ein „Erotik-Programm“  ■  Aus Berlin Ulrike Helwerth

Wenn es nach der „Pay-TV Betriebs-GmbH“ geht, brauchen sich Pornoliebhaber in Berlin demnächst überhaupt nicht mehr aus den Pantoffeln zu bewegen. Was sie sich bisher in der Videothek besorgen mußten, soll ihnen ab 15. Oktober via Kabel ins Haus geliefert werden: Jeden Tag ab 23 Uhr drei Stunden lang Farbpornos im „Midnightchannel“. So jedenfalls wirbt das neue Unternehmen in der Presse für sein Programm, das dann eine bundesdeutsche TV-Premiere wäre.

Beim Berliner Kabelrat, der Genehmigungsinstanz für Programmanbieter, ist mensch darob sehr verstimmt. Man habe dem Antragsteller nämlich „nur“ die Sendeerlaubnis für ein „Erotikprogramm“ erteilt. „Pay-TV“ habe „hoch und heilig“ versprochen, daß nur Filme gezeigt würden, die von der „Freiwilligen Selbstkontrolle“ (FSK) freigegeben wurden, heißt es dort. „Von Pornos ist nie die Rede gewesen“, so die Justitiarin Ingeborg Ludwig. Wenn jetzt für solche öffentlich geworben werde, sei das entweder „Publikumsverarschung“, oder der Kabelrat sei bewußt hintergangen worden. Die Sendeerlaubnis wird nun vorerst nicht erteilt; die neue Sachlage müsse vorher überprüft werden. „Wenn die einen einzigen verbotenen Film zeigen, wird die Lizenz widerrufen“, so Frau Ludwig.

Wo die erlaubte „Erotik“ aufhört und die verbotene Pornographie anfängt, darüber gehen die Meinungen auseinander. „Pay-TV„-Geschäftsführer Klaus Ewersheim: „Wir beachten streng den Jugendschutz.“ Zeigen will man nur, „was in jeder Videothek frei überm Ladentisch verkauft wird. Gewalt-Pornos, Sex mit Kindern und Tieren lehnen wir ab.“ Das Programm werde sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten und vom Kabelrat überwacht. Geliefert wird es vom größten deutschen Video- und Filmproduzenten auf dem Pornomarkt.

Was RTL plus seit neuestem in seinem 'Männermagazin‘ bietet, „bringen wir nur verschlüsselt“, so Klaus Ewersheim. Denn Bild und Ton der Pornos werden bei „Pay-TV“ nicht für alle Kabelempfänger frei zugänglich sein, sondern erscheinen zerhackt auf dem Bildschirm. Sie lassen sich nur mit einem entsprechenden Decoder wieder zusammensetzen. Wer die Filme sehen will, muß sich gegen Vorlage eines Personalausweises ein solches Gerät mieten - abschließbar, damit die Kinder nicht dran können. Vorher aber muß man einem Filmclub beitreten - Aufnahmegebühr: 250 Mark. Pro Monat kostet das Programm weitere 50 Mark - immer noch billiger als der regelmäßige Gang in die Videothek.

Untersuchungen hätten ergeben, so „Pay-TV“, daß rund zehn Prozent der 500.000 Berliner Kabelkunden solche Streifen sehen wollten und für Kassetten monatlich zwischen 150 und 250 Mark ausgäben. Die ersten Interessenten hätten bereits das Telefon heißlaufen lassen - 450 Anrufe innerhalb von drei Stunden, nachdem 'Bild‘ versprochen hatte: „Auch Pornostar Teresa Orlowski wird zu sehen sein.“ Protest hat inzwischen die Berliner SPD-Fraktion angemeldet. Sie fragt: „Ist der Kabelrat noch zu retten?“