Schreibtisch-Querelen

■ Wenn der Landesrechnungshof das Senatoren-Mobiliar moniert

Zur Psychologie eines Schreibtischs machte man(n) sich früher wesentlich mehr Gedanken als heute. Dem Chef blieben Privilegien in seiner Arbeitsplatz-Gestaltung vorbehalten: Überragende Tischkante, hübsch anzusehendes Furnier auch an der Rückfront und vor allem der Sichtschutz im Beinbereich. Auf daß nervöses Fußeln und Schuhewippen von Untergebenen und Besuchern nicht einzusehen waren. Blick frei auf die Beine galt dagegen durchweg nur für die Befehlsempfänger besonders: „-Innen“. All das ist Ausdruck konventioneller Büro-Hierarchien und hat traditionsgemäß auch seinen Preis.

Daß in einem armen Bundesland wie Bremen an einem ganz und gar nicht über-repräsentativen, sondern schlicht „durchschnittlichen“ Chefzimmer, irgendjemand Anstoß nehmen könnte, daß dies gar zur „größten Fortsetzungsgeschichte“ im Ressort des Wirtschaftssenators avancierte - das wunderte den armen Uwe Beckmeyer dann doch sehr. Nichtsahnend hatte er sich eine Büroausstattung geordert, als er vor zwei Jahren sein neues Amt im Tivoli-Hochhaus zwischen Pommesbuden und Spielhöllen antrat. Ein bißchen renommierfähig sollte es schon sein, das Büro des Wirtschaftssenators: Müssen hier doch Unternehmenschefs und Wirtschaftsmagnaten stilvoll empfangen werden. Amtsvorgänger Werner Lenz hatte sein privates Mobiliar huckepack mit zurück in die Heimat nach Bremerhaven genommen. Der gute Mann empfängt seine Indianer immer am eigenen Schreibtisch.

Beckmeyer bestellte Schreibtisch und Arbeitsstuhl, Tischlampe und Besucher-Sitzgruppe - in dezentem Schwarzleder-Chrom Gemisch und hatte unversehends 35.700 Mark auf der Rechnung. „Viel zu viel“ befand der Landesrechnungshof für die auf zwei Haushalte verteilte Anschaffung. „Ein Verstoß gegen das Gebot der Sparsamkeit“. Beckmeyers Einwand, daß die „gebotene innenarchitektonische Abstimmung auf die Raumverhältnisse einen Sonderfall“ darstelle, ließen die Prüfer nicht gelten. Eine Sonderstellung unter den Senatoren gestehen sie dem Wirtschaftsmann nicht zu.

Beschaffungskriterien für Büromöbel gibt es indes nicht. Kollegin Vera Rüdiger hatte sich zum Dienstantritt einen Raum in schickem Grau-Weiß eingerichtet: 14.000 Mark waren der Preis. Finanzsenator Grobecker residiert standesgemäß und sparsam zwischen denkmalgeschützten Holzpaneelen und an ein wenig restaurierten Originalmöbeln aus dem Jahr 1932.

Und was geschieht mit dem ausrangierten Mobiliar all der vergangenen Jahre? Einen Fundus gibt es nicht in Bremen. Kostensparend wandern die Second-hand-Sessel und Tische zum rangniedrigeren Senatsdirektor.

Rosi Roland