Note sechs für Bremer Polizei

■ Abschlußbericht des Geiselausschusses: Versagen und Falschaussagen der Polizei

Bei der Bremer Polizei tummelt sich allerlei merkwürdiges Volk: Die einen sind zu dumm zum Telefonieren, andere fühlen sich wie Rambo, und dritte lügen wie gedruckt. Bei einigen Beamten finden sich auch mehrere dieser Eigenschaften. Dieser Schluß läßt sich aus dem Vorentwurf für den Abschlußbericht des Geiseluntersuchungs-Ausschusses ziehen, der den Ausschußmitgliedern seit Ende August vorliegt.

Das 360 Seiten starke Werk wurde von den Ausschußassistenten Jens Böhrnsen und Karl-Heinz Rogoll erstellt und soll vom Untersuchungsausschuß am 22. September beraten und politisch bewertet werden. Schwarz auf weiß haben die beiden dem Ausschuß beigeordneten Richter noch einmal zusammengefaßt, an welchen Stellen des Geiseldramas die Polizei versagt hat. Kurz gefaßt: an allen.

Die Führungsbeamten, so stellt der Bericht fest, seien über ihre Aufgaben teilweise „desorientiert“ gewesen. Und den Beamten vor Ort, insbesondere den Beamten des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), werden Tendenzen zur Verselbständigung vorgeworfen. So sei die Verhaftung der Marion Löblich „eigenmächtig“ erfolgt und der Befehl zur Freilassung von der MEK-Leitung erst mit Verzögerung an den Grundbergsee gefunkt worden. Die naheliegende Schlußfolgerung, daß die Beamten damit mitverantwortlich für die Erschießung des italienischen Jungen sind, mag der Bericht allerdings nicht ziehen. Mit dieser Frage beschäftigt sich immer noch die Staatsanwaltschaft, bei der Strafanzeigen gegen MEK-Beamte und Einsatzleiter Peter Möller vorliegen.

Der Bericht erörtert auch die theoretische Frage, ob der „finale Rettungsschuß“ möglich gewesen wäre, wenn das Bremer Polizeigesetz ihn denn vorsehe. Antwort der Richter: Nein. Denn die Schüsse seien nicht die einzige Möglichkeit gewesen, die Geiseln zu befreien, da noch nicht alle Verhandlungsmöglichkeiten ausgereizt gewesen seien.

Die SPD-Mitglieder im Ausschuß sehen sich durch den Bericht in ihrer Auffassung bestätigt, daß die „Fehler und Pannen vornehmlich auf mangelnden Führungsqualitäten von beteiligten Polizeibeamten im höheren Dienst beruhen.“ Stellte SPD-Ausschußmitglied Kohring, der sich bei der Ausschußarbeit vor allem durch Desinteresse hervorgetan hatte, fest: „Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses war mehr als gerechtfertigt.“

Politische Konsequenzen forderte das grüne Ausschußmitglied Martin Thomas. Das MEK müsse aufgelöst und Polizisten, die versagt hätten, gemaßregelt werden. Thomas: „Polizeibeamte, die solchen Mist bauen, müssen am Ende ihrer Karriere stehen.“

kvr