Häftling nach Hungerstreik tot

■ Der Strafgefangene O., der mit mehreren Hungerstreiks seine Haftentlassung erzwingen wollte, starb im Haftkrankenhaus / Er wurde nicht zwangsernährt

Nach monatelangem Hungerstreik ist gestern der 45 Jahre alte Strafgefangene O. im Haftkrankenhaus Moabit gestorben. Der Mann wollte seine Haftentlassung erreichen. Eine Zwangsernährung sei nach den gesetzlichen Vorschriften nicht in Betracht gekommen, da sich der Häftling auch in den letzten Tagen und Wochen bei vollem Bewußtsein befunden und jede ärztliche Behandlung abgelehnt habe, teilte Justizsprecher Christoffel mit.

Laut Auskunft von Ärzten habe sich der Hungerstreikende drei Stunden, bevor er tot aufgefunden wurde, noch im Besitz seiner Willenskraft befunden.

Nach Angaben der Justizverwaltung befand sich der bereits mehrfach wegen Gewaltdelikten verurteilte O. zuletzt seit Februar 1987 in Haft. Wegen eines Raubüberfalls wurde er zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ein erster Hungerstreik des Mannes vom 6.Oktober bis 22.Dezember 1988 endete mit seiner Verlegung in die Bonhoeffer-Nervenklinik. Nach seiner Rückverlegung in die JVA Tegel trat O. am 1.März dieses Jahres erneut in den Hungerstreik, um seine Haftentlassung zu erzwingen. Am 5.Mai fiel er in ein Hungerkoma und wurde intravenös behandelt. Anschließend nahm er für einige Tage feste Nahrung zu sich. Seit dem 17.Mai befand er sich erneut ununterbrochen im Hungerstreik.

Eine Strafunterbrechung wegen des schlechten Zustands von O. lehnte die Staatsanwaltschaft am 17.Juli ab. Eine Haftunterbrechung würde eine nicht zu verantwortende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellen, hieß es seinerzeit. Die Staatsanwaltschaft blieb auch Ende August nach Vorlage eines Gutachtens des Chefarztes der Bonhoeffer -Nervenklinik bei dieser Entscheidung.

Ein Angebot der Justizverwaltung, ihm nach einem Abbruch des Hungerstreiks eine anstaltsinterne Therapie durch einen Psychoanalytiker seiner Wahl zu ermöglichen, lehnte der 45jährige ab. Er habe auf einer Haftentlassung bestanden, hieß es in der Justizverwaltung.

dpa