Kritik an Auflagen für Daimler/MBB-Fusion

Nach der Erlaubnis des Bundeswirtschaftsministers fühlt sich das Land Hamburg benachteiligt / Neue Welle von Rüstungsfusionen zu erwarten / Banken sind durch die angekündigte Entflechtung der Aufsichtsratsmandate wenig beeinträchtigt / Schon Interessenten an Krauss-Maffei  ■  Von Dietmar Bartz

Berlin (taz) - Das allerletzte Wort ist noch nicht gesprochen. Als „Schieflage“ bezeichnete Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau die Auflagen, unter denen der Bonner Wirtschaftsminister Haussmann die Daimler/MBB -Fusion genehmigt hat. Die Hamburger Landesregierung, noch im Besitz einer Sperrminorität bei MBB, fühlt sich stark benachteiligt, weil die von Haussmann angeordneten Verkäufe der Marinetechnik den Norden der Republik wesentlich stärker betreffen als Süddeutschland. Zugleich ist Voscherau von Daimler-Benz noch einmal unmißverständlich klargemacht worden, daß die zukünftige Deutsche Airbus, die in Hamburg ihren Sitz haben wird, die Form einer GmbH erhalten soll. Voscherau stieß mit seiner Vorstellung, mit einer Aktiengesellschaft stärkeren Einfluß auf die Airbus -Geschäftsführung zu nehmen, in Stuttgart auf Granit. So kündigte der Bürgermeister gestern an, er werde mit der SPD in Bremen noch einmal beraten, ob er unter dieser Voraussetzung der Fusion überhaupt zustimmen könne. Das Land Bremen ist ebenfalls an MBB beteiligt.

Doch auch wenn Voscherau nur um eine zweite Airbus -Fertigungslinie für Hamburg pokern sollte - das Erbe aus der Großfusion wird in den kommenden Wochen verteilt, mehrere Sparten des bundesdeutschen Rüstungssektors müssen neu geordnet werden. Das Bundeskartellamt, das zum Hausmmann -Beschluß eine Stellungnahme verweigerte, sieht eine neue Welle von genehmigungspflichtigen Aufkäufen kommen. Beim Aufkauf des bisherigen MBB-Anteils an Krauss-Maffei durch den Nürnberger Rüstungskonzern Diehl sieht Behördensprecher Schöne „auf den ersten Blick keine Schwierigkeiten“, gab er gestern bekannt. Allerdings seien darüber noch keine Gespräche mit Diehl geführt worden, sondern nur wegen des Aufkaufs der Bodenseewerke-Gerätetechnik, die auch Lenkwaffen herstellen. An Krauss-Maffei zeigte sich gestern auch der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall interessiert.

Siemens, MAN und Krupp Atlas Elektronik werden vermutlich ebenfalls zu den Nutznießern gehören. Daimler ist zugleich in der komfortablen Lage, sich die zukünftigen Besitzer, etwa der Marine-Technik, selbst auszusuchen: Der Stuttgarter Konzern, der erst am Montag eine Stellungnahme zur Genehmigung abgeben wird, kann die Verkaufsbedingungen so gestalten, daß nur ein Interessent übrigbleibt. Wenn das Kartellamt dann ablehnt, weil erneut Monopole entstehen, kann Haussmann nicht anders, als weitere Ministererlaubnisse abzugeben.

Den Empfehlungen der Monopolkommission, die militärischen Triebwerke der Daimler-Tochter MTU aus dem Zusammenschluß herauszunehmen, mochte Haussmann nicht folgen, weil die militärische von der zivilen Fertigung nicht zu trennen sei. Und die Lenkwaffen, also etwa Panzerabwehrraketen, hätten nicht ausgegliedert werden können, weil damit die Vorteile einer gemeinsamen Fertigung auch für andere Waffensysteme zerstört worden wären.

Für die Bereiche Wehrtechnik und Raumfahrt habe er auch weiterhin „Bedenken“, räumte der Minister ein. Die Genehmigung habe er dennoch erteilt, weil damit die Zukunft der Airbus-Finanzierung endlich festgelegt ist. Dies eröffne auch die Möglichkeit, Mitte der 90er Jahre die europäische Airbus-Gesellschaft zu privatisieren.

Recht weit ist Haussmann mit der angeordneten Entflechtung der Aufsichtsratsmandate gegangen. Betroffen sind aber nur die Räte, die auf den Lohn- und Gehaltslisten von Daimler und MBB stehen. Kontinuitäten in der Beaufsichtigung der Geschäftspolitik fast aller Rüstungsschmieden sind dadurch gewährleistet, daß die Deutsche Bank auch weiterhin in Unternehmen präsent sein darf, die miteinander konkurrieren. Das weiß auch der Minister: „Hier ist der Gesetzgeber aufgerufen.“ Deutschbankier Herrhausen kann einstweilen beruhigt sein.