Erpresser nannte eigenes Postfach

■ Mechaniker stellte „Pfusch“ beim Kraftwerksbau fest und wollte 15.000 Mark Schweigegeld

Die Tat war von vornherein zum Scheitern verurteilt, stellte Richter Hartmut Hogenkamp fest. „Kann es sein, daß Sie - nun ja: ein bißchen naiv an die Dinge herangehen?“ fragte er den Angeklagten und Focko J. nickt. Der 29jährige aus Emden mußte sich gestern wegen versuchter Erpressung vor dem Bremer Amtsgericht verantworten. Nach rund anderthalb -stündiger Verhandlung stand das Strafmaß fest: sechs Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung.

Focko J. hatte am 13. November 1988 einen anonymen Erpresserbrief an seinen Arbeitgeber, die Bremer Firma „Kaefer Isoliertechnik“, geschrieben. Die

sofort eingeschaltete Kripo hatte ihn wenig später als mutmaßlichen Erpresser ermittelt: Focko J. hatte in dem Erpresserbrief die Nummer seines eigenen Postfachs angegeben, wo die Fa. Kae fer das Geld hätte einzahlen sollen. Nur elf Tage nachdem der Erpresserbrief bei Kaefer eintraf wurde J. fristlos entlassen.

Der gelernte KFZ-Mechaniker war 1988 nach einer Umschulung bei „Kaefer Isoliertechnik“ gelandet und zuletzt bei Isolierarbeiten im Kohlekraftwerk Wilhelmshaven eingesetzt. „Pfusch“

will Focko J. bei der Ausführung festgestellt haben. Zwei Fotos als „Beweis“ legte er zu seinem Brief dazu. „Falls meine Infos an Preussen Elektra gehen, wird dies die Firma Hunderttausende kosten“, schrieb er und schlug seinem Arbeitgeber vor, „meine Infos für ein kleines Endgeld (Originalschreibweise)“ zu verkaufen. DM 15.000,- in Hundertmarkscheinen sollten auf das Emder Postfach eingezahlt werden.

„Stand in der Firma jemals zur Debatte, das Geld zu bezahlen?“ wollte Richter Hogenkamp von

dem einzigen Zeugen der Verhandlung, dem Kaefer -Geschäftsführer Dr. S. wissen. „Für uns“ entgegnet der, „war es von vornherein ausgeschlossen zu zahlen“, vielmehr sei außer der Kripo sofort der Kunde (Preussen Elektra) über den Inhalt des Erpresserbriefs informiert worden.

Daß die geforderte Isolierstärke von 300 Millimetern nicht gewährleistet sei und daß eine Lage Glaswolle im Bereich der Rohrleitungen komplett fehle, hatte der Erpresser behauptet und verheißungsvoll angekündigt: „Wenn Sie ersteinmal meine anderen Informationen erhalten...“.

Darauf wollte die Firma aber keineswegs noch warten und überprüfte mit Baustellenleiter und dem Kunden die Vorwürfe: „Die im Brief angedeuteten Fehler hat es nicht gegeben“, so Dr. S. über das Ergebnis. Trotzdem habe der Kunde sich vorbehalten, nach Fertigstellung des Auftrags per Infrarot -Untersuchung die gesamte Anlage noch einmal zu überprüfen, sagte Firmen-Vertreter S.

Strafmildernd hatten Staatsanwalt Grziwa und das Gericht dem Angeklagten zugestanden, daß er zum Zeitpunkt der Tat „Alkoholprobleme“ hatte und „wohl nicht recht wußte, was er da tat“. Die Erpressung sei deshalb zwangsläufig im Versuchsstadium steckengeblieben. Focko J. hatte überdies ausgeführt, daß er sich in der Firma schikaniert und schlecht behandelt fühlte: Während unverheiratete Kollegen oft zu Hause bleiben durften, sei er als Familienvater häufig auf Montage geschickt worden. Auch hatte J. sich eine qualifiziertere Arbeit erhofft. Stark verschuldet hatte er dann versucht, seine Firma zu erpressen.

Verschärfend hatte das Gericht zu berücksichtigen, daß dieser erste Erpresserbrief explizit auf weitere Forderungen verwies. Nicht berücksichtigt wurde ein anderes Verfahren, das der sonst vorstrafenfreie Focko J. vor wenigen Wochen hinter sich brachte, und dessen Geldstrafe von 35 Tagessätzen a 50 Mark noch nicht rechtskräftig ist: J. hatte eine Anzeigenkampagne gegen Atomtransporte in Emden gestartet und dazu ein Spendenkonto eingerichtet. Die eingegangenen Spenden reichten jedoch noch nicht einmal aus, um die Zeitungsanzeige zu bezahlen, erzählte J. freimütig. Das Gericht in Emden unterstellte ihm deswegen betrügerische Absichten; für die Kollegen in Bremen schien dies jedoch nur ein weiteres Indiz für die Naivität des Mannes.

ra