Verfassungsschützer zu Gast bei der DFU

■ „DKP-nahe Organisation“ diskutierte mit dem stellvertretenden Bremer VS-Leiter auf dem Podium über den „Umgang mit den Reps“

Sogar für Bremer Verhältnisse war das eine ungewöhnliche Premiere: Da saß am Montagabend auf dem Diskussionspodium der Deutschen Friedens-Union (DFU), die als „DKP-nahe Organisation“ erklärtes Observationsobjekt des Verfassungsschutzes ist, ausgerechnet der stellvertretende Leiter des Bremer Verfassungsschutzes (VS), Lothar Jachmann. Der, betont eingeladen als ÖTV-Sprecher der Berufsgruppe Verfassungsschutz, sollte mit zwei anderen Herren darüber diskutieren, ob und wie wohl die rechtsextremen „Republikaner“, legale Partei und gänzlich unbespitzelt, verboten, observiert, bekämpft gehören. Das Ganze

spielte unter vier barbusigen Stuckdecken-Engelchen in der Villa Ichon und mit rund 50 TeilnehmerInnen im Publikum.

Daß die Rep-Wähler erstens vorwiegend männlich seien, dazu eben nicht von gestern, sondern durchaus auch jung, nicht nur verarmt und arbeitslos, sondern verstärkt im reichen bundesrepublikanischen Süden anzutreffen - darüber konnte schnell einige Einigkeit hergestellt werden. Nur mit Sozialprogrammen also, mit mehr Wohnungen und Arbeit, sei dem politisch nicht beizukommen. („Wer eine enge Wohnung hat, muß ja deshalb nicht die Deutsche Frage offenhalten!“)

Verfassungsschützer Jach

mann („Ich kann die Aversion gegen den VS ja zum Teil mittragen“) wollte zwischen DVU, NPD und Reps überhaupt keine großen Unterschiede gelten lassen („gleiche Brüder“), lehnte den „von der CDU ins Spiel gebrachten“ Unterschied zwischen rechtsextrem (ganz schlimm) und rechtsradikal (ein bißchen schlimm) ab und plädierte klar für Observation, für ein „Frühwarnsystem für Leute, die aus ihren Löchen kommen im neuen Gewand, mit ihrer widerwärtigen Propaganda, um ihre alten Fischzüge zu machen!“ Bis zur Berliner Wahl habe der VS das Problem „verpennt, die waren doch alle kurz zuvor noch bei der CDU gewesen...“

Der SPD-Jurist und wandernde Podiums-Diskutant Horst Isola fand das nun gar nicht: Da wäre ja noch schöner: „Auf 140 Seiten kümmert sich der VS in seinem neuestem Bericht um die 'Linksextremen‘, auf 42 um die Rechten - und das hier heute abend, das ist natürlich eine 'verfassungswidrige Veranstaltung‘!“ Er jedenfalls brauche nicht noch mehr Informationen und sähe nur kommen, daß dann „alle bespitzelt“ würden, die Gewerkschaft der Polizei zum Beispiel. Zwischenruf Jachmann: „Ach, Horst...“

Isola („Ich bin ja nicht für die Abschaffung des VS“) fand: „Der beste Verfassungsschutz ist der aufgeklärte Bürger, der keine Angst haben muß, registriert zu werden, wenn er sich engagiert.“ Aber andersherum sollte dieses Recht nur für die Guten gelten: Daß der SPD-Genosse Glotz mit Rep-Chef Schönhuber in einer Talkshow gemeinsam aufgetreten sei, sei „unmöglich“ und mache die Rechten nur hoffähig und wählbar.

Die sozialdemokratischen Ju

ristInnen jedenfalls wollten das Mittel Parteien-Verbot zumindest offen halten, die faschistische FAP „als Signal“ am besten verbieten. Und diskutiert werden müsse - aber nicht mit den Funktionären der Organisation, sondern mit den Wählern, „mit den Schülern, bis zu den Skins im Stadtteil“.

Und dann kamen wieder von allen Seiten die bekannten hilflosen Beschwörungen, das Problem „politisch zu diskutieren“ und sich „auseinanderzusetzen“. Wie aber denn, fragte Klaus Naumann, Redakteur der „Blätter für deutsche und internationale Politik“, der sich einen „Verfassunsbogen“ nach italienischem Muster vorstellte, der alle demokratischen Parteien trägt und die Faschisten ausschließt.

Eine Lehrerin im Publikum

wollte Klartext für ihre Schüler, die in Tenever „alles nur noch polnisch“ finden und von den komplizierten linken Analysen Lichtjahre entfernt seien: „Ich wünsche mir eine Art linke Nachschulung in Argumentation, damit meine Antworten genauso plausibel sind wie die der Eltern meiner Schüler!“ Herbert Wulfekuhl, Leiter der Landeszentrale für Politische Bildung, setzte aus dem Publikum noch eins drauf: „Soll das der linke Beitrag sein, die Rechten öffentlich als Faschisten zu ächten? Und woher nehmen wir denn die Sicherheit, bei den 'Linken‘ nur Ausländerfreunde anzutreffen?“

Eigentlich hatte ja das Thema „Wie umgehen mit den Reps“ geheißen, fiel einem sechs Minuten vor Schluß auf. Im sicheren Kreis derer, die sich alle paar Minuten

selbst als „wir als Linke“ bezeichnen, blieb großer Diskussionsbedarf, näher an die praktische Wirklichkeit zu kommen: Ob man, als ein Mittel, ein Partei-Verbot fordern soll, ob man die völkerverhetzenden und ausländer- und frauenfeindlichen Wahlkampfparolen - jetzt und nicht erst nach der nächsten Wahl - juristisch anfechten soll. Und daß doch ein Großteil der „rechten Ideologeme“ massiv bei der regierungstragenden CDU vetreten werde, in der Asylanten -Hetze, der Prämie für heimgeschickte Türken... Das sei doch als „faschistisch“ nicht in den Köpfen. Dünn blieben die Ratschläge am Schluß: Die Welt sei „eben kompliziert“ (Naumann), und man müsse „klarmachen, daß wir Zukunft gestalten können“ (Isola). Susanne Paa