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Schwarzfahren wird 50 Prozent teurer

■ Vergeßliche BVG bestraft Stammkunden: Besitzer von Umweltkarten sind besonders hart dran: Ohne Ticket müssen sie künftig 60 Mark zahlen

Das Schwarzfahren mit der BVG wird noch teuer. Ab dem 1. Oktober wird die Fahrt zum Nulltarif in U-Bahn und Bus 60 Mark kosten, vorausgesetzt, man läßt sich erwischen. Diese Überraschung bescherte gestern die BVG ganz nebenbei in einer Presseerklärung über den Einsatz von Sonderomnibussen zum diesjährigen Oktoberfest. Bislang hatte das Schwarzfahren 40 Mark gekostet. Die Erhöhung des „Beförderungsentgelts“ wurde von der BVG gestern auf Nachfrage mit einer Neufassung des §9 der Beförderungsbedingungen und einer Angleichung an das Bundesgesetz begründet. Die zweite Verordnung des Bundesgesetzes „zur Änderung personennah-verkehrsrechtlicher Vorschriften“ trat im Bundesgebiet bereits am 1. Juli dieses Jahres in Kraft und wurde von Berlin mit dem dritten Überleitungsgesetz übernommen.

Doch die BVG hatte noch eine weitere Überraschung in petto. Wer bei der Fahrscheinkontrolle keinen gültigen Fahrschein vorzeigen kann, weil er seine Monatskarte vergessen hat, soll bei nachträglicher Vorlage des Zeitfahrausweises künftig nicht mehr mit fünf, sondern mit zehn Mark zur Kasse gebeten werden. Die Crux: Diese Regelung gilt nur für „persönliche“ Zeitfahrausweise. Das kostengünstige Umweltticket ist davon ausgenommen, weil es übertragbar ist.

Ob das Umweltticket und die Androhung von 60 Mark Strafe fürs Schwarzfahren mehr Fahrgäste zum Erwerb eines Fahrscheines verleiten werden, bleibt abzuwarten. In den vergangenen Jahren jedenfalls stieg die Quote der Schwarzfahrer stetig an. Von 1,82 Prozent 1977 auf 3,33 Prozent 1987. Für den weiteren Anstieg 1988 (konkrete Zahlen waren gestern nicht zu erhalten) wurde von der BVG der offene Mitteleinstieg in den Bussen verantwortlich gemacht. Ein weiterer Grund, warum die Zahlen der Schwarzfahrer klettern: Die BVG-Kontrolleure arbeiten effektiver. Von 188 Kontrolleuren, die derzeit die U-Bahnen und Busse verunsichern, arbeitet ein Drittel in Zivil. Schwarzfahrer, die bei der Kontrolle gleich 40 Mark bar zur Hand haben, kommen unregistriert davon. Nicht so diejenigen, die erst später oder gar nicht zahlen. Sie gelangen in die BVG -Schwarzfahrer-Datei und werden von dieser mit einem Strafantrag wegen Erschleichens von Leistungen bedacht, wenn sie zum vierten Mal beim Schwarzfahren erwischt werden.

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