CDU-Parteitag halbherzig ökologisch

Beim Bremer Parteitag wird der vorher gepriesene inhaltliche Schwerpunkt zum Nebenschauplatz Kritiker des Leitantrags blitzen ab / „Flächenschutz“ wird nicht mehr gefordert, sondern geprüft  ■  Von Gerd Rosenkranz

Bremen (taz) - Halbherzig und ohne erkennbares Engagement hat sich der Bremer Parteitag der CDU dem zuvor als inhaltlichen Schwerpunkt angekündigten Leitantrag „unsere Verantwortung für die Schöpfung“ gewidmet. Nach einer Einführung durch Umweltminister Töpfer stimmte die zeitweise erheblich ausgedünnte Versammlung dem Antrag des Bundesvorstands gestern nachmittag in der Fassung der Antragskommission in den wesentlichen Punkten zu. Töpfer war am Montag abend mit dem höchsten Ergebnis aller KandidatInnen (94,8 Prozent) in den erweiterten Bundesvorstand gewählt worden.

Verschärfungsanträge des unter Töpfers Federführung erstellten Antrags wurden sämtlich mit großer Mehrheit niedergestimmt. So scheiterte die Junge Union bei dem Versuch, den Umweltministern bei „allen die Umwelt betreffenden Maßnahmen“ ein ähnliches Vetorecht zuzubilligen wie den Finanzministern bei finanzwirksamen Maßnahmen. Ebenso wurde der Versuch eines Kreisverbandes niedergestimmt, den im Leitantrag bis 1995 vorgesehenen Ausstieg aus der Nutzung und Produktion der ozonzerstörenden Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) zeitlich vorzuziehen. Mehr Erfolg hatten Delegierte um den ehemaligen Berliner Wirtschaftssenator Pieroth, denen aus Sorge um künftige Häuslesbauer die Vorstellungen des Leitantrags zum Flächenschutz zu weit gingen. Darin hatte es geheißen, der gewaltige tägliche Flächenverbrauch von 144 Hektar müsse „in Zukunft abgabepflichtig gemacht werden“. Trotz dringender Appelle wurde schließlich lediglich eine „Prüfung“ der Abgabepflicht beschlossen.

Eine Streichung der Forderung nach „Importbeschränkungen für Hölzer aus tropischen Primärwäldern“ konnte erst nach einer Intervention des Bundesumweltministers verhindert werden, der auf dieses - wie er selbst anmerkte - bereits als Kompromiß formulierte „Signal“ auf keinen Fall verzichten wollte.

In der allgemeinen Aussprache hatte der Rottweiler Oberbürgermeister Michael Arnold die Behauptung des Leitantrags als „kleinmütig und unrichtig“ bezeichnet, eine „Energieversorgung ohne Kernenergie“ müsse erst noch erfunden werden. Technisch stehe nämlich eine Alternative in Form solarer Wasserstoff-Systeme bereits zur Verfügung. Der Delegierte Helmut Rau, wohnhaft fünf Kilometer vom ehemaligen AKW-Standort Wyhl, wandte sich in scharfer Form gegen eine Fortsetzung der Atompolitik und verlangte vergeblich „eine klare Einstufung der Kernenergie als Übergangsenergie“.

Der CDU-Vordenker Kurt Biedenkopf appellierte an die Delegierten, sich über die Dimension ökologischer Beschlußfassungen bewußt zu werden. Nach der „Sozialpflichtigkeit der Marktwirtschaft“, die innerhalb von siebzig Jahren installiert worden sei, gehe es nun um die „Ökologiepflichtigkeit der Marktwirtschaft“. Seit vielen Jahren würden die jährlichen Umweltschäden (geschätzte 80 bis 150 Milliarden Mark) die so gefeierten Wachstumsraten deutlich übersteigen. Deshalb sei es nötig den Begriff „angemessenes Wirtschaftswachstum“ neu zu überdenken. Biedenkopf wandte sich auch gegen die einfache Formel vom Verzicht zugunsten des Umweltschutzes. Verzicht auf Raubbau sei keine Verzichtsleistung, sondern ein Gewinn.