Hassemer - der Radikale

■ Ein ungewohnlicher Beitrag zum Wohnungsproblem

Angesichts der Schwere des Wohnungsproblems reicht der Neubau nicht aus, „ungewöhnliche Ideen“ müssen hinzukommen. Und in diesen versuchte sich gestern der CDU-Politiker Volker Hassemer. Mit einem „Modellversuch Wohnen im Kleingarten“ antwortete er auf des Bausenators Wohnungsbaupläne. Nagel erwecke den Eindruck, sagte Hassemer, als wolle er auf dem Koloniegrund Wohnungen bauen und auf diese Weise „Parzellen abreißen“. Sein Vorschlag wolle einen Beitrag zum Wohnungsproblem liefern, ohne Kleingartenkolonien dem Erdboden gleichzumachen. Deshalb solle das, was ungesetzlich sowieso passiert - daß Leute fest in ihren Lauben wohnen -, für rechtens erklärt werden. Denn offensichtlich sei es „unrealistisch“, gegen die Dauerwohner vorzugehen.

Ein interessanter Standpunkt, bei dem man die CDU an anderen Beispielen beim Wort nehmen sollte. Damit das Ganze aber Wohnraum schafft, solle man das dann „so gestalten“, daß die Laubenpieper ihre Stadtwohnungen aufgeben. Klartext: Man muß sie dazu zwingen. Und wie zwingt man in einer Marktwirtschaft Leute? Über Geld. Also müßten die Pachtzinsen für die Lauben soweit erhöht werden, daß die Leute „freiwillig“ ihre Stadtwohnungen aufgeben. 4.500 Wohnungen könnten nach Hassemers Prognose dadurch frei werden, ein „spürbarer Beitrag“ zur Beseitigung der Wohnungsnot.

Modellversuch Wohnen im Kleingarten ist ein reinrassiger, radikaler Oppositionsvorschlag, wie ihn besser die AL in den letzten Jahren nicht hätte machen können. Und dafür setzt man sich schon mal gegen alles geltende Recht, einschließlich des Bundeskleingartengesetzes hinweg. Aber weil die AL ja inzwischen regiert, ist sie schon selbst auf die Idee gekommen. Inzwischen gibt es Verhandlungen zwischen dem Senator für Bau- und Wohnungswesen und der Umweltsenatorin, in einzelnen Kolonien das Dauerwohnrecht zuzugestehen.

bf