PVAP-Mitglieder wollen neue Partei gründen

Polens Parteienlandschaft im Umbruch: Nach Personalrochaden in Bauernpartei, christlichen Gruppierungen und PVAP formieren sich nach ungarischem Vorbild die Reformer in der Partei / PVAP-Parteitag soll noch bis Ende 1989 einberufen werden  ■  Aus Warschau Klaus Bachmann

Oppositionsbewegungen von unten machen der PVAP zu schaffen. Nach ungarischem Vorbild hat sich in Warschau eine Gruppe Parteiintellektueller unter dem Namen „Initiative 8.Juli“ (dem Datum der Parlamentswahlen) organisiert, die aus der PVAP heraus eine neue linksgerichtete Partei gründen will. Mit dabei der erst kürzlich ins ZK-Sekretariat aufgerückte Exparteisekretär der Warschauer Universität, Slawomir Wiatr. Wiatr forderte im Fernsehen bereits ein Referendum über Zeitpunkt und Inhalt des nächsten Parteitages, den die Reformer so schnell als möglich einberufen wollen. „Die neue Partei“, heißt es in der Erklärung der Initiative, „muß sich auf ihre Tätigkeit im Rahmen eines Mehrparteiensystems, das auf freien Wahlen beruht, vorbereiten.“ Der Parteitag müsse bis Ende des Jahres einberufen werden.

Ein Referendum wird es auch in der demokratischen Partei geben, die sich in „Polnische Demokratische Partei“ umbenennen will und in der „Polnischen katholisch-sozialen Vereinigung“ (PZKS), die eine reguläre Partei werden will. Die PZKS, wie auch die Laienbewegung „Pax“ ursprünglich von der PVAP inspiriert, um die Kirche zu spalten, hat sich jetzt hinter Glemps berüchtigte Predigt in Tschenstochau gestellt, tritt für eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes ein und bemüht sich um Kontakte zu der von Glemp favorisierten, allerdings bei den Wahlen durchgefallenen „Partei der Arbeit“.

Dem neuen Wind ist auch Zenon Komender, „Pax„-Vorsitzender und Mitglied des Staatsrats zur Zeit des Kriegsrechts zum Opfer gefallen. Er trat zurück. Geschaßt wurde auch Roman Malinowski, ehemals Präsident des Parlaments und Vorsitzender der Vereinigten Bauernpartei. Malinowski hatte sich immer stärker werdendem Druck von der Basis ausgesetzt gesehen, für einen Vertreter des innerparteilichen Reformflügels Platz zu machen. Die Reformer wollen die Bauernpartei von ihrer Erblast als Mauerblümchen der PVAP befreien und auf die Traditionen der antikommunistischen Polnischen Bauernpartei, die nach dem Krieg verboten wurde, zurückgreifen. Die Wahlen brachten völlig neue Leute in die ZSL-Fraktion, nur drei Abgeordnete, die jetzt für die Vereinigte Bauernpartei im Sejm sitzen, saßen da auch schon vor dem runden Tisch. Da wundert es nicht, daß Malinowski eine Vertrauensabstimmung nach den Wahlen nur mit äußerst knapper Mehrheit überstand und sein Wunschkandidat für den Fraktionsvorsitz durchfiel und die Abgeordneten dafür den oppositionell angehauchten Anwalt Aleksander Bentkowski zum Fraktionschef machten, der inzwischen sogar Justizminister geworden ist. Inzwischen gibt es auch bereits Gespräche mit anderen Gruppierungen, darunter der Bauernsolidarität, über die Möglichkeit, eine gemeinsame Partei zu gründen. Am 10.Januar nächsten Jahres wird der außerordentliche Parteitag stattfinden, auf dem die Neugründung beschlossen werden soll. Der zur Zeit einflußreichste Mann in der ZSL, Bentkowski, hat denn auch die Nachfolge Malinowskis für sich abgelehnt. Inzwischen ist bereits die erste Parteineugründung von unten zu vermelden. In der Wojewodschaft Kalisko haben Vertreter der ZSL, einer Gründungsgruppe der „Polnischen Bauernpartei“, und der „Landjugend“ die Gründung einer Vereinigten „Polnischen Bauernpartei“ bekanntgegeben.