Keine Atempause in der coop-Krise

■ Nach dem Vergleichsantrag hofft Sanierer Friderichs, genügend Banken zum Schuldenverzicht zu finden Belegschaft schockiert, Lieferanten wollen Bargeld / Japanische Banken sehen Steuernachteile

Berlin (taz) - In Hamburg hatten langjährige coop -Angestellte Tränen in den Augen, in Bremen werden für das Wochenende ernsthafte Schwierigkeiten mit Zulieferern erwartet und besorgte KundInnen noch mit Hinweis auf die vollen Regale getröstet; in Berlin bezahlt ein Ladenleiter einen Lieferanten auch schon mal aus der Ladenkasse. Und ein paar Minuten nach Mitternacht gab die Firma „Mayer Schuh und Sport“ bekannt, daß sie die Kapitalbeteiligung zurückgekauft habe, die coop an dem Mittelständler hielt. Die Nachricht vom Vergleichsverfahren, das coop am Mittwoch morgen doch einleiten mußte, hat die Beschäftigten schockiert, die Lieferanten verunsichert und die Konkurrenz in die Startlöcher um die günstigen Ladenlokale in der Stadt und den begehrtesten Supermarkt auf der grünen Wiese getrieben.

Die Einleitung des Vergleichsverfahrens war in der Nacht zum Mittwoch notwendig geworden, weil sich auch bis zur allerletzten Minute nicht genügend Banken fanden, um mit einem Kompromiß den Gang zum Frankfurter Amtsgericht zu vermeiden. Vor allem japanische Banken hatten geltend gemacht, daß sie ihre Verluste nicht steuerlich absetzen könnten, wenn sie freiwillig auf das Geld verzichteten. Hinzu kam auch, daß sich viele Bankenmanager durch die Hektik unter Druck gesetzt gefühlt hatten - oder kein entscheidungsfähiges Gremium zusammentrommeln konnten. Das Vergleichsverfahren bedeutet, daß jetzt von einem Amtsrichter geprüft wird, ob die coop wenigstens noch 35 Prozent der Bankenforderungen wert ist. In diesem Fall ist Zeit genug, den Konzern langsam zu sanieren, die profitabelsten Stücke einzeln zu verkaufen oder nach einem neuen Großaktionär zu suchen. Allerdings wird in jedem Fall die Rationalisierungswelle weitergehen. Wird die 35-Prozent -Marke nicht erreicht, muß coop endgültig Konkurs anmelden.

Doch so weit ist es noch nicht. Das Amtsgericht ließ erst einmal verlauten, daß noch nicht alle Antragspapiere beisammen seien. Ein optimistischer Sanierer Hans Friderichs erklärte gestern sogar, eventuell könne der Vergleichsantrag zurückgenommen werden, wenn doch noch einige Banken mehr auf das Kompromißkonzept der Deutschen Genossenschaftsbank einschwenken. Den Schuldenberg per 31.12.88 bezifferte Friderichs auf 2,613 Milliarden Mark. 72 von 124 angeschriebenen Gläubigerbanken hatten zugestimmt, daß sie gegen den Verzicht auf 75 Prozent ihrer Forderungen das restliche Viertel in bar ausgezahlt bekommen. Die Deutsche Genossenschaftsbank setzt über einen Treuhänder dann das Kapital auf Null herunter, anschließend wieder herauf und sorgt dann für einen Verkauf an der Börse.

diba