Rückkehr nach 30 Jahren im Exil

■ Gestern kehrte Swapo-Präsident Samuel Nujoma im Triumph nach Namibia zurück

Zumindestens medienwirksames Auftreten hat der charismatische Nujoma im Exil gelernt: Was man sonst nur bei päpstlichen Auslandsauftritten zu sehen bekommt, gab's nun auch in Windhuk. Kaum der Maschiene entstiegen ging Nujoma in die Knie und küßte die heimatliche Rollbahn.

„Ich bin sehr glücklich, wieder zu Hause zu sein.“ Das waren die ersten Worte des Swapo-Präsidenten Sam Nujoma, als er nach nahezu 30 Jahren Exil gestern auf dem Flughafen von Windhuk angekommen war. Danach küßte er namibischen Boden und seine fast 90jährige Mutter, Helvi Kondombolo, vom Ongandjera-Stamm in Ovambo-Land im Norden Namibias. Frau Kondombolo hatte am Flughafen den ganzen Morgen auf die Ankunft ihres Sohnes gewartet, der mit einer äthiopischen Maschine aus Luanda, der Hauptstadt Angolas, gekommen war. Vor dem Flughafengebäude, abgeschirmt und bewacht von Hunderten Polizisten der berüchtigten südwestafrikanischen Polizei (SWAPOL), hatten sich schon am frühen Morgen Tausende von Menschen versammelt, um ihren Präsidenten zu begrüßen.

Auch zahlreiche Mitglieder des Zentralkomitees und des Politbüros der namibischen Befreiungsbewegung sowie zahlreiche Delegierte der Frontstaaten, der OAU und andere diplomatische VertreterInnen waren anwesend. Doch trotz der Freude unter der namibischen Bevölkerung, die stundenlang tanzte und sang, war deutlich zu spüren, daß die Ankunft Nujomas vom Mord an dem weißen Swapo-Mitglied Anton Lubowski überschattet wurde. Nujoma, der aufgrund der bisher größten Sicherheitsvorkehrungen am internationalen Flughafen von Windhuk nicht einmal eine Pressekonferenz gab, erklärte gegenüber Journalisten, der Tod Lubowski sei eine Tragödie. „Ich wollte, Anton Lubowski stünde jetzt hier neben mir, aber er ist tot, wie so viele andere“, sagte Theo Ben Gurirab, das für Außenpolitik zuständige Swapo-Mitglied. „Solche Mörder könnten das gesamte ZK töten. Aber die Jungs draußen, die geben nicht auf.“

Die namibische Polizei gab gestern bekannt, daß in dem Mordfall ein 50jähriger weißer Mann festgenommen worden sei. Der Mann habe einen irischen Reisepaß und habe sich vor dem Mord sechs Tage in Windhuk aufgehalten. Er sei nach gemeinsamer Ermittlung mit der südafrikanischen Polizei festgenommen worden und werde demnächst dem Haftrichter vorgeführt.

Alle Swapo-VertreterInnen, die man in der langen Wartezeit fragte, sprachen von einem großen, einem historischen Tag. Nur als das Flugzeug dann endlich landete, herrschte selbst unter den JournalistInnen lange Stille, bis sie sich in gewohnter Manier auf Nujoma stürzten.

Nujoma kommt ein Tag vor dem Ende der Registrierungsphase zu den für den 6. November angesetzten Wahlen in Namibia. Toivo ya Toivo, der Generalsekretär der Swapo, zeigte sich mit der aktuellen Situation im Lande absolut unzufrieden. Er kritisierte die UNO, die sich, statt ihre Rolle als Administratorin zu übernehmen, als reine Beobachterin verhielt. „Wenn die Wahlen frei und fair wären, würden wir sicher eine Zweidrittelmehrheit erreichen.“

Aber schon die Registrierung würde behindert. Im Norden des Landes gebe es nur ganze zwei Wahlbüros, und auch die Angaben des südafrikanischen Verwalters, Pienaar, daß 99,1 Prozent der WählerInnen bereits registriert seien, nannte er eine Lüge. „Ich traue den Südafrikanern nicht. Ich war 18 Jahre auf Robben Island ihr Gefangener. Sie sagen dies und machen jenes“, sagte Toivo, dessen Ankunft auch erst nach Überwindung etlicher Schwierigkeiten an diesem Montag in Windhuk erfolgt war. Wo und wann Nujoma sich registrieren lassen will, wollten seine MitstreiterInnen gestern nicht bekanntgeben. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, daß er dafür Katatura, das schwarze Township von Windhuk, aussuchen wird.

Kurz nachdem sich Nujoma bei seinen Landsleuten außerhalb des abgeschirmten Flughafengeländes bedankt und jede Menge Hände geschüttelt hatte, begann die Odyssee Tausender zurück in die 46 km entfernte Stadt.

Die meisten ArbeiterInnen waren gestern dem Aufruf der Gewerkschaften gefolgt und zur Begrüßung Nujomas statt zur Arbeit gegangen. Tausende standen links und rechts der Hauptstraße, der Kaiserstraße, als Autos und Lastwagen mit den Farben der Swapo - Blau-Grün-Rot - beschmückt Richtung Katatura fuhren. In Katatura konnte man sich vor lauter Menschen kaum mehr bewegen. Andrea Seibel (Windhuk