Momper betont „Zweistaatlichkeit“

■ Regierungserklärung zum deutsch-deutschen Verhältnis im Berliner Senat / Momper weiter für Kontakte mit der SED-Führung und eine „Politik der kleinen Schritte“ / AL für Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft

Berlin (taz ) - Walter Momper, Berlins Regierender Bürgermeister, hat bei der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses mit einer Regierungserklärung in die deutschlandpolitische Debatte eingegriffen. Dabei bezog sich Walter Momper klar auf die „fortwährende Zweistaatlichkeit“, eine Formel, auf die sich die SPD mit der Alternativen Liste (AL) in der Koalitionsvereinbarung geeinigt hatte: „Wir gehen weiterhin von Zweistaatlichkeit aus“, betonte Momper und wandte sich dann scharf gegen jede Form von „Wiedervereinigungsrhetorik“.

Diese „zur Zeit stattfinden Übungen“ seien geeignet, mögliche Reformansätze in der DDR zu blockieren - oder billige Vorwände zur Blockade zu liefern, so Momper unter heftigen Protesten der CDU und „Republikaner“.

Der Senat werde an seiner Politik „der kleinen Schritte und praktischen Erleichterungen“ festhalten. Momper bezog sich zwar nicht explizit auf vorsichtige Überlegungen innerhalb der SPD, wo auch die Frage gestellt wird, ob heute die Perspektive „Wandel durch Abstand“ nicht angemessener sei. Er betonte jedoch, gerade jetzt sei es notwendig, das Gespräch mit der Führung der DDR zu suchen, um Informationen und Meinungen auszutauschen. Gleichzeitig machte Momper deutlich, daß er in seiner Fraktion keine Diskussion um die Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft wünscht.

Wie der Vorstand der Berliner AL hatte vor kurzem auch ein Abgeordneter der Berliner SPD-Fraktion, Eberhard Körting, gefordert, die Staatsbürgerschaft der DDR anzuerkennen, und das Einbürgerungsprivileg von DDR-BürgerInnen in Frage zu stellen. Es sei überhaupt nicht die Stunde, „eine akademische Diskussion über die Anerkennung der DDR -Staatsbürgerschaft oder die Änderung des Grundgesetzes“ zu entfachen.

Der AL-Abgeordnete Albert Statz bekräftigte die bisherige Position der AL: Unerläßliche Bedingung für einen Wandel in Europa sei die Anerkennung der staatlichen Grenzen. Der Anspruch, für die Menschen aus der DDR zu sprechen, finde nach wie vor seinen deutlichsten Ausdruck in der „Fiktion“ der deutschen gleich bundesdeutschen Staatsbürgerschaft. Dieser Druck, der ihre staatliche Existenz hinterfrage, müsse von der DDR genommen werden. Die Forderung des AL -Vorstands, das Einbürgerungsprivileg für DDR-Bürger in Frage zu stellen, nahm Albert Statz nicht auf.

Der CDU-Abgeordnete Eberhard Diepgen warf Momper vor, im Denken von vorgestern zu verharren. Die CDU wolle „nicht Grenzen auf Dauer akzeptieren, damit sie auf Dauer durchlässiger werden“. Aus seinem Manuskript übernahm er in seine Rede unter anderem diese Formulierung nicht: „Welchen Sinn hätte eine demokratische DDR neben der Bundesrepublik Deutschland?“

urs