Ausländerwahlrecht - Baldrian für die AL

■ Gestern einigten sich die Juristen von SPD und AL auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf zum Ausländerwahlrecht / AL drängt auf sofortige Behandlung im Parlament

Läuft alles nach Plan, werden AL und SPD am nächsten Mittwoch einen gemeinsamen Gesetzentwurf zum Ausländerwahlrecht der Öffentlichkeit vorstellen. Das erklärte der Fraktionsvorsitzende der SPD Dietmar Staffelt. Am späten Nachmittag einigten sich gestern die Juristen beider Parteien auf einen einheitlichen Entwurf. Am Dienstag nachmittag wird er den Fraktionen vorgestellt und am Abend im Koalitionsausschuß behandelt.

Hauptthema wird dann aber der schon seit Wochen andauernde Streit um den Zeitplan sein. Die Sozialdemokraten wollen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ausländerwahlrecht Schleswig-Holsteins abwarten, ehe der Wahlrechtsentwurf ins Abgeordnetenhaus zur Beratung kommt. Der Vorstand der AL dagegen hat sich darauf festgelegt, den Gesetzentwurf am 28. September ins Parlament einbringen zu wollen - notfalls ohne die SPD. Sie trauen den Sozialdemokraten nicht und fürchten, das Ausländerwahlrecht könne auf die lange Bank geschoben werden (siehe Interview Seite 2).

So will die SPD denn auch mit dieser demonstrativen Präsentation des Gesetzentwurfes bei den Alternativen um „Vertrauen werben“. „Wir wollen zeigen, daß wir es ernst meinen.“ Dietmar Staffelt sendet weiße Rauchfahnen an die Mitgliedervollversammlung der AL, die am kommenden Mittwoch abend über Kompromiß oder Konfrontation mit der SPD zu entscheiden hat.

Sobald das Urteil des Bundesverfassungsgerichts - es wird für Anfang Oktober erwartet - gesprochen sei, könne der Gesetzentwurf nach nochmaliger juristischer Prüfung unverzüglich ins Parlament, erklärte der SPD -Fraktionsvorsitzende. Da die Wahlen ja hoffentlich erst in dreieinhalb Jahren seien, käme es jetzt nicht auf eine oder höchstens drei Wochen an, die der Gesetzentwurf früher oder später eingebracht würde. Sollten allerdings, womit Staffelt nicht rechnet, die Richter in Karlsruhe ein kommunales Wahlrecht für Ausländer ausschließen, wird sich die SPD „zunächst mal gebunden fühlen“. Staffelt sieht dann als einzige Möglichkeit die einer Verfassungsänderung und für die, so schätzt er, würde es keine Mehrheit geben.

Politisch spielt für Staffelt die Furcht vor der angekündigten Kampagne von CDU und „Republikanern“ keine Rolle mehr. „Die Kampagne kommt immer“, meinte er. Doch der Zustand der Opposition, den der Regierende Bürgermeister in der letzten Parlamentssitzung als „ganz tief im Keller“ beschrieben hatte, spielt dafür sicherlich eine Rolle, und der „Fall Lummer“ ist für die SPD Rückenwind. Um die gesellschaftliche Akzeptanz für das Ausländerwahlrecht zu begründen, werden jetzt auch Umfrage-Ergebnisse zitiert. In der letzten Senats-Umfrage - von Emnid durchgeführt - hätten sich immerhin mehr als 50 Prozent dafür ausgesprochen.

Daran, daß die Ausländerpolitik ein Thema im Bundestagswahlkampf wird, kann die SPD kein Interesse haben. Doch da macht sich Staffelt keine Sorgen. „Wenn wir den Entwurf nach dem höchstrichterlichen Urteil noch im Oktober einbringen können und damit rechnen, daß wir drei bis vier Monate zur Beratung brauchen, ist da noch reichlich Zeit bis zum Dezember 1990.“

bf