Variationen um die Todesstrafe

■ Türkische Regierung plant „Strafrechtsreform“ / Die Todesstrafe soll weiterbestehen, aber nicht immer vollstreckt werden / 250 Todeskandidaten warten auf Entscheidung des Parlaments

Ankara (afp/taz) - Die türkische Regierung plant eine „Strafrechtsreform“, die unter anderem eine geringfügige Modifizierung der Todesstrafe beinhaltet. Nach der Gesetzesvorlage werden Todesstrafen dann in „lebenslange schwere Haft“ umgewandelt, wenn das türkische Parlament, das alle Todesstrafen bestätigen muß, den Fall nicht binnen zwei Jahre entschieden hat. Die Regelung soll auch rückwirkend gelten.

Grundsätzlich soll die Todesstrafe jedoch bestehen bleiben. Justizminister Oltan Sungurlu betonte am Donnerstag, daß vom Parlament bestätigte Todesurteile auch künftig unverzüglich vollstreckt werden.

Zuletzt vollstreckt wurde eine Todesurteil in der Türkei vor sieben Jahren. Derzeit liegen dem Parlament 250 Todesurteile vor, ohne daß darüber entschieden wurde. Einige der Richtersprüche ergingen bereits vor fünf Jahren - doch noch am 19.Juli dieses Jahres verhängte das Militärgericht in Ankara siebenmal die Todesstrafe gegen Mitglieder der linken Organisation Dev Yol (Revolutionärer Weg). Ihnen wird die Mitgliedschaft in einer „illegalen Organisation, die die verfassungsmäßige Ordnung stürzen will“, vorgeworfen. Auch in einigen noch laufenden politischen Prozessen werden Todesurteile gefordert.

Auch nach der geplanten „Strafrechtsreform“ können zahlreiche politische Taten mit der Todesstrafe geahndet werden, darunter Aktionen zur Gründung eines neuen Staates und zur Separierung, Versuche, die Regierung zu stürzen und die Aufwiegelung zum bewaffneten Aufstand gegen die Regierung.

hh Kommentar auf Seite 8