Radstreifen am Horizont

■ Über den Radwegebau will Verkehrssenator Wagner noch einmal mit sich reden lassen / Neun Bürgersteig-Radwege gestoppt / Wagner begrüßt neue Anhörung

Einen Spurwechsel in seiner Fahrradpolitik hat gestern Verkehrssenator Wagner (SPD) eingeleitet. Wagner verteidigte zwar erneut den Radwegebau auf Bürgersteigen, versprach aber auch, sich um „Velorouten und Radstreifen statt enger Bürgersteig-Radwege“ zu „bemühen“. Er begrüße die Anhörung zum Radwegebau, die die AL am Freitag gefordert hatte, sagte der Senator anläßlich der Eröffnung einer Fahrradausstellung in Neukölln.

Mit dem Hearing verbindet die AL die Absicht, den Bau von Radwegen auf Bürgersteigen zu verhindern. Wagner hatte dieses Radwegeprinzip zunächst vehement verteidigt. In der Koalitionsvereinbarung hatten sich SPD und AL dagegen verpflichtet, künftig Radstreifen auf der Fahrbahn anzulegen, nicht mehr auf Bürgersteigen.

Neun Projekte, bei denen für insgesamt 22,4 Millionen Mark ab 1990 erneut Bürgersteig-Radwege entstehen sollten, hatten SPD und AL am Freitag im Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses storniert. Die von Wagner geführte Verkehrsverwaltung hatte diesen „Fehlplanungen“, wie die AL sie nennt, ursprünglich zugestimmt. Jetzt will der Verkehrssenator, wie ein Sprecher gestern bestätigte, doch noch einmal mit sich reden lassen.

Ein Beispiel für Wagners ursprüngliche, autofreundliche Pläne nannte gestern der verkehrspolitische Sprecher der AL -Fraktion, Cramer: Mit der Billigung des Verkehrssenators wollte das Tempelhofer Tiefbauamt in der Rixdorfer Straße einen Radweg auf Kosten des Bürgersteigs anlegen, obwohl die Straße mit vier üppigen Parkstreifen ausgestattet ist. Vier der am Freitag gestoppten Radwegeprojekte waren in Tempelhof geplant, und zwar in der Rixdorfer-, der Ring-, der Manteuffel- und der Oberlandstraße. Zwei Radwege, in der Knobelsdorff- und in der Franklinstraße, betrafen den Bezirk Charlottenburg, je einer die Bezirke Wedding (am Humboldthain), Spandau (Seegefelderstraße) und Wilmersdorf (Blissestraße).

Eine völlige Abkehr vom Bürgersteig ist von Verkehrssenator Wagner jedoch weiterhin nicht zu erwarten. 83 Prozent der Berliner Radler, so zitierte der Senator gestern eine Umfrage, bevorzugten Bürgersteig-Radwege. Kreuzungen und Einfahrten, die „neuralgischen“ Punkte an solchen Wegen, will der SPD-Politiker mit „baulichen Maßnahmen“ und besseren Ampelschaltungen sichern. Wagner versprach außerdem bessere Mitnahmemöglichkeiten bei der BVG. Weiterhin „prüfen“ will er eine „Rad-Kennzeichnung“. Die „Akzeptanz“ des Fahrrades bei anderen Verkehrsteilnehmern sei auch eine „Frage des Verhaltens der Radfahrer“, mahnte der Senator.

hmt