Zwischenruf-betr.: Gemäßigte Utopie eines älteren Herren", taz vom 11.9.89

betr.: „Gemäßigte Utopie eines älteren Herren“, taz vom 11.9.89

Mein geschätzter Alt-Verleger Klaus Wagenbach hat genug Verdienste und hätte es nicht nötig, auch noch seine schwächsten Momente zu glorifizieren und sich den ahnungslosen taz-LeserInnen als den zu verkaufen, der in jeder Lebenslage gewußt, was in Literatur und Politik, in Sachen Lektorat und Eigentum richtig sei. Trotz gelegentlicher freundschaftlicher Ermahnungen neigt er dazu, über Krise, Krach und Trennung Wagenbach-Rotbuch von Anno 73 hartnäckig Legenden zu verbreiten, und da diesmal meine Dummheiten dran sind, möchte ich einen Zwischenruf machen.

Zum Beispiel war ich auch 1973 nicht so hirnrissig, allein in der dokumentarischen Literatur eine Zukunft zu sehen. Diese sollte nur ein Zweig der literarischen Abteilung sein (und war es im alten Wagenbach Verlag auch, deshalb wäre es völlig absurd, daraus einen „inhaltlichen Konflikt“ zu basteln). Zum Beispiel ist der - zugegeben hilflose Vorschlag zur Veränderung der Lektoratsverfassung erst gemacht worden, nachdem K.W. auf literaturfremden Kriterien beharrte. Jede dieser alten Geschichten hat eine Vorgeschichte (auch die schauerliche mit den Schlössern).

Wer sich bei diesen Vorgängen, die für alle Beteiligten so traumatisch blamabel und doch produktiv waren, auch nach 16 Jahren nur als Opfer sieht, dem - gratuliere ich trotzdem und wünsche, daß er beim 30jährigen Verlagsjubiläum die Profilierung auf Kosten anderer nicht mehr nötig hat.

F.C.Delius, Berlin