Recycling-Satire

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(Seit über 40 Jahren: Positiv dagegen, ARD, 16.9., 22.05 Uhr) Gerhard Schmitt-Thiel fand einmal etwas schrecklich, dann wieder machte etwas ihn betroffen, und schließlich fand er lobende Worte für die Wut. Zumindest drei der gängigen Soll-Vokabeln fielen also, in der einen Stunde, die diesen Samstag mal nicht „Showgeschichten“ hieß, obwohl das Muster dieses Pseudo-Komödchen-Porträts das gleiche war.

Recycling-Fernsehen wird bei den Öffentlich-Rechtlichen angesichts der horrenden Ausgaben für den direkten Konkurrenzkampf mit den Privaten (nach der Tagesschau gab's Flitterabend) immer beliebter. Man hat doch schließlich ein Archiv, das man plündern kann. Fragt sich nur, wie man die Schnipsel verpackt. Gerhard Schmitt-Thiel tut das mit Watte, er mag alles und jeden, lobt gerne, freut sich, wenn er dann zurückgelobt wird. Und schon wird das Gequatsche zwischen den alten Komödchen-Nummern ein recht gequältes Stichwortgeben, das Kay und Lore Lorentz brav und eifrig mitmachen.

Der Bayerische Rundfunk und Satire, das geht ganz gut: Was gezeigt wird, ist zwischen 1962 und 1969, entstanden in Schwarzweiß, in Ehre ergraut, aber immer noch aktuell, wie andauernd betont wird. Mehr aber nicht, außer, daß die Berufsvertriebenen heute noch Schlimmeres von sich geben als damals der Seebohm. Einmal versucht es Gerhard mit der in christparteilichen Kreisen so gerne benutzten Formel, daß es doch jetzt schon so lange (ja gar am längsten) keinen Krieg hier gebeben hat. Da reagiert sie fix, die Lore, aber das läge ja wohl sicher nicht an uns, eher an den anderen. Den hat er den Lorentzens nicht unterschieben können! Gerhard kann's verschmerzen, weiter, bloß keine Dynamik aufkommen lassen, ja kein Wort über die Probleme, die auch das Komödchen mit dem Fernsehen hatte (recht geschieht es ihnen, Lücken im Archiv, das rächt sich, wenn man recyclen will, heute). Eine Nummer über Strauß war auch nicht dabei, über Kohl schon gar nicht, das könnte dann doch ein bißchen zu „immer noch aktuell sein“. Dennoch, die Ausschnitte waren es wert, ich hab‘ was gesehen, was ich vorher in Budzinskis Kabarett-Geschichte (Universitas od. Heyne) nur gelesen hatte. Nur die Sendeform, das wäre mir anders lieber gewesen. Zusammenmontiert mit anderen Bildern aus der Zeit, kommentiert von jemandem, der was zu sagen hat, das wäre auch eine Recyclingform, aber wohl aufwendiger, teurer, weil ein richtiger Autor bezahlt werden müßte. Der gute, alte Off -Ton hat einen entscheidenden Vorteil, man muß dabei nicht immer in die Kamera lächeln.

Jürgen Witte