„Die vertrösten und verschieben dauernd“

Franz Quatmann, Geschäftsführer der „Kommunalpolitischen AG gegen Tieffluglärm“, wartet auf Stoltenbergs Konzept  ■ I NT E R V I E W

taz: Ihre Arbeitsgemeinschaft hatte für den kommenden Dienstag mit Bundesverteidigungsminister Stoltenberg ein Gespräch vereinbart, bei dem er sein Konzept zur Reduzierung der Tiefflüge erläutern wollte. Mit welchen Erwartungen...

Franz Quatmann: Da muß ich Sie gleich unterbrechen: Das Gespräch ist vom Verteidigungsministerium verschoben worden. Zunächst hieß es, auf unbestimmte Zeit. Aber am Freitag rief mich das Ministerbüro an und sprach von der ersten Oktoberwoche. Einen konkreten Termin konnten sie mir noch nicht nennen. Das paßt ins Konzept: Die verschieben und vertrösten dauernd.

Welche Forderungen stellt die kommunale Arbeitsgemeinschaft gegen Tieffluglärm an das Ministerium?

Es geht nicht an, daß bestimmte Regionen die Belastungen der Tiefflugübungen allein zu tragen haben. Wir erwarten ganz konkret, daß diese Belastungen innerhalb der Bundesrepublik gerecht verteilt werden, wenn sich herausstellen sollte, daß sie verteidigungspolitisch unumgänglich sind. Wir sind überzeugt, daß die Tiefflüge insgesamt erheblich reduziert werden können. Die Flüge der Bundesluftwaffe sind ja schon verringert worden, das müßte bei den Alliierten auch möglich sein.

Die scheinen sich heftig zu sträuben. Die Briten wollen offenbar ihre Flugstunden nur reduzieren, wenn Stoltenberg ihnen ein Geschäft beim Jäger 90 ermöglicht. Nach unseren Informationen sind die Amerikaner kaum geneigt, weniger zu fliegen. Die Verhandlungen haben noch nichts Wesentliches erbracht.

Ja, diesen Eindruck haben wir auch. Dazu paßt, daß unser Gespräch mit Stoltenberg auf Oktober verschoben wurde. In einem Prozeß, den wir inzwischen beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg anhängig haben, hatte der Vertreter des Verteidigungsministeriums, Rechtsanwalt Bräutigam, angekündigt, daß Stoltenberg am 14. September dieses Jahres ein Konzept zur Verringerung der Tiefflüge und zur gerechten Verteilung der Belastung vorstellen werde. Als ich am 15. September im Ministerium telefonisch nachfragte, wieso nichts passiert war, hat mir der Sprecher der Luftwaffe, Oberstleutnant Trittermann, gesagt, daß die Verkündung des Konzepts auf unbestimmte Zeit verschoben sei.

Wir kämpfen seit 1982 für die betroffene Bevölkerung und glaubten uns schon mehrfach kurz vor Erfolgen, haben aber so richtig noch nichts erreicht. Ich hoffe im wesentlichen darauf, daß uns die Gerichte Recht geben werden, wenn wir im politischen Feld nicht weiter kommen. Ein bißchen setze ich darauf, daß auch der Verteidigungsminister erkennt, daß ihm die Gerichte den jetzt noch bestehenden Handlungsspielraum nehmen werden, wenn er nicht selbst handelt und reagiert. Wie weit er gegenüber den Alliierten reagieren kann, vermag ich nicht zu sagen. Ob wir wirklich souverän sind in diesem Bereich, wage ich zu bezweifeln.

Warum schließt sich Ihre Arbeitsgemeinschaft nicht der Forderung nach einem totalen Tiefflugstopp an?

In der Arbeitsgemeinschaft, die am Dienstag einen bundesweiten Dachverband gründen wird, haben sich Kommunen zusammengeschlossen. Unsere Vertreter sind über Ratsbeschlüsse in die Arbeitsgemeinschaft entsandt worden. Das heißt, daß wir uns in unserem kommunalen Zuständigkeitsbereich zu bewegen haben. Wir können nur für unsere Bevölkerung fordern, daß es zu einer gerechten Verteilung der Belastung kommt. Die Verteidigungspolitik generell ist auf Bundesebene zu entscheiden.

Interview: Petra Bornhöft