Schau zurück, es geht nach vorn

■ Eine Nachbetrachtung mit eckigen Augen zu den „Tagen des unabhängigen Films“

Die Tage des unabhängigen Films liegen hinter uns, die PreisträgerInnen sind ermittelt, schon geht der Blick nach vorn, zu den „Tagen“ im nächsten Jahr. Natürlich soll es noch schöner, reibungsloser und vor allem publikumswirksamer werden. Doch was ist hängengeblieben vom ersten Filmfest, jetzt, zwei Tage danach, wo sich langsam der Blick wieder klärt?

Da ist zunächst einmal eine unbeabsichtige, aber folgenschwere Ungerechtigkeit bei den Beiträgen des Bremer Forum. Nicht alle eingereichten Arbeiten wurden, wie zum Beispiel der Publikumspreisträger H.-J. Hofmann mit Die 7. Schwangerschaft und die nur mit einer Stimme unterlegenen Don't worry be happy-Macherinnen (S. Renner, U. Kosizen, K. Dreyer) am zuschauerInnenfreundlichen Samstag im Modernes gezeigt. Es gab immerhin dreitausend Mark zu gewinnen, das sind tausend Mark mehr, als der „Preis der Angestelltenkammer“ für Sabine Fröhlichs Monolog Digital brachte. Die Zusage der Veranstalter, im kommenden Jahr für eine gerechtere Verteilung der Abspielstätten zu sorgen, hilft den weitgehend unbeachteten Produktionen leider we

nig.

Darum sei an dieser Stelle auf eine Arbeit hingewiesen, die der taz-Mitarbeiter ideell, und daher undotiert, mit dem Spezialpreis der taz-Bremen auslobte.

Das Video-Magazin Null satt, hergestellt von etwa 15 SchülerInnen des SZ Helgoländer Straße, gehörte zu den Lichtblicken der Filmschau. Witzig, originell und informativ berichteten die 13-bis 16-jährigen eine Viertelstunde lang über die Geschehnisse an ihrer Schule. In Spielszenen, Interviews und Standbildern entwickelte sich ein flüssiger und auch in technischer Hinsicht beachtlicher Bilderbogen, der die Forum-Konkurrenz nicht zu

scheuen brauchte.

Auch wenn die Filmtage nicht unbedingt ein Fest der kurzen Wege waren, so entwickelte sich doch schnell eine Festivalatmosphäre kleinen Stils, dafür sorgte zum Beispiel das gut besuchte Schauburg Cafe.

Doch muß auch an dieser Stelle der Finger auf eine bekannte Wunde gelegt werden. Die Anbindung Bremerhavens ist nicht geglückt. Kein Bremer Forum dort, keine Preisverleihung, nur einer der preisgekrönten Filme wurde überhaupt gezeigt. Hier kann es nur ein Entweder-Oder geben, alles andere ist weder Fisch noch Fleisch.

Will sich Bremerhaven aus

dem Schatten Bremens lösen, sollte ohnehin über eine eigenständige Veranstaltung in einer eigenständigen Kultur -Stadt nachgedacht werden.

Daß mit „einem unabhängigen Sender für ein unabhängiges Filmfest“, so die freche Selbsteinschätzung, ausgerechnet ein Privatsender als Sponsor gewonnen wurde, liegt an der Schusseligkeit der Bremer Radiostation, dem Gelingen tat dies keinen Abbruch. Mit etwas mehr Zuschußmitteln ist Bremen und das Bremer Filmbüro sicher in der Lage, die selbst definierte eigene Linie zu festigen und auszubauen. Zu wünschen ist es allen. Jürgen Franck