Das Beste seit Jahren

■ Bremerhavener Theater-Saison-Auftakt mit Mozarts „Cosi fan tutte“

„Das Beste seit Jahren!“ war der spontane Kommentar am Sonntagabend nach der ersten Premiere der neuen Spielzeit am Stadttheater Bremerhaven. Der Oberspielleiter Johannes Felsenstein bot mit Mozarts komischer Oper „Cosi fan tutte“ ein dicht gewebtes, burleskes Spektakel, in dem fast alles stimmte. Das temporeiche Spiel, die bruchlosen Szenenwechsel, gut ausbalancierte Stimmen und ein Orchester, das sich nach einer leidlich hingehuschelten Ouvertüre schnell fing und die Dynamik des Geschehens souverän und musikalisch lenkte.

„Cosi fan tutte“ ist Mozarts Sommernachtstraum, ein Geschlechterspiel, in dem die konventionellen Normen einen Riß bekommen, um am Ende - durch Vernunft gemildert - wieder in ihr Recht gesetzt zu werden. Aus

gangspunkt ist die Wette des „alten Philosophen“ Don Alfonso mit den Offizieren Guglielmo und Ferrando, die nicht glauben wollen, daß ihre Bräute Fiordiligi und Dorabella ihnen bei Gelegenheit innerhalb kürzester Zeit untreu werden würden. So konstruiert und haarsträubend frauenfeindlich die Geschichte ist, so hintergründig geht Mozart mit der Versuchsanordnung um.

Felsenstein mischt in seiner Inszenierung Elemente der Commedia dell'Arte mit deutsch romantischem Märchenspiel. Das neapolitanische Volk erscheint in Narrenkostümen mit langnasigen Halbmasken, das Adelspersonal agiert in einer romantischen Gartenlandschaft vor der Fassade eines düsteren und etwas angeschlagenen Renaissance-Palastes (Bühne und Kostüme: Artur Hamm).

Der Regisseur läßt das Quartett der Männer und Frauen wie Slapstickfiguren auftreten, mit einer ausgefeilten Choreografie des Annäherns und Abwehrens. Die exaltierten Posen der HeldInnen geraten zur Parodie auf große Oper, eine Parodie, die im letzten Augenblick vor dem Fall in die Klamotte bewahrt wird.

Gelungen sind das Volksspektakel, die wie Puppen marschierenden Soldaten, eine keck-frivole Magd Despina (Christel Patschke), die unverfroren mit dem Publikum kokettiert, und die Überraschung am Schluß. Zum Finale steigen die SängerInnen ins Parkett herab und verteilen Rosen an die ersten Reihen. Langer Beifall und laute Bravo -Rufe im vollbesetzten Haus.

Hans Happel

im Sept. noch: 24., 26., 29., jeweils 19.30 Uhr