"Während linke Studenten..."

„Während linke Studenten gern in blauen Monteuranzügen herumliefen und sich proletarisch gaben, gingen die Wünsche und Sehnsüchte der meisten Einwohner in eine ganz andere Richtung...“ (Wilde, „Das Märkische Viertel“). Die Bürger und Elterninitiativen, die 1968/69 aufgrund der großen sozialen Probleme in dem aus dem Boden gestampften Märkischen Viertel entstanden, verstanden sich APO-getreu auch als politische Basis gegen Herrschafts- und Eigentumsstrukturen. Ulrike Meinhofs „Vorläufiges Strategiepapier“, wovon hier ein Auszug abgebildet ist, entstanden als Diskussionspapier innerhalb ihrer noch legalen politischen Arbeit in der „Stadtteilzelle MV“, diente und dient unter anderem auch Wildes bei Nicolai erschienenem Jubiläumsband als Beispiel „politischer Indoktrination“ und wird der „sachlichen“ Arbeit der BIs gegenübergestellt. Wenn auch die Befürchtungen der Politiker, das Märkische Viertel könnte zu einer Hochburg der Linken - genauer der SEW - werden, bei den Bezirksverordnetenwahlen 1971 nicht eintrafen (SEW 3%, SPD 59%), so vermeldet das Geschichtsbuch doch immerhin folgende durchschlagenden Wirkungen linker Aktivitäten: „Zum einen wurde mit der Hilfe beim Aufbau von Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung vieler Anfangsschwierigkeiten in der neuen Siedlung geleistet. (...) Auch an der Verbesserung der Kommunikation hatte die von außen hineingetragene linke Propaganda teil, denn über die zahlreichen Aufrufe und Flugblätter in den Briefkästen kamen so manche einander noch fremde Nachbarn überhaupt erst ins Gespräch und lernten sich kennen.“ Allerdings mußte sich die 1970er Stadtteillinke ausgerechnet von der 'BZ‘ sagen lassen, ihre konstruktive Kritik bringe sie in die Rolle „nützlicher Idioten“, die zur Systemerhaltung beitrügen.

DoRoh/Abbildungen aus: „Das Märkische Viertel“