piwik no script img

Polen-betr.: "17. September 1939", taz vom 18.9.89

betr.: „17.September 1939“,

taz vom 18.9.89

(...) Nehmt doch bitte mal zur Kenntnis: Nicht alle Handlungen Stalins beziehungsweise der Sowjetunion von etwa 1930 bis zu seinem Tode waren Verbrechen. Auch die Polen, Ungarn, Balten hatten gewaltigen Dreck am Stecken, sie sind auch nicht die Erfinder der Demokratie und der blauen Augen, höchstens Antisemiten wie alle anderen.

Zur Sache: Es ist falsch, daß die SU „unter den Vereinbarungen des Hitler-Stalin-Paktes“ in Polen einmarschiert ist; eine solche Vereinbarung existiert nicht. Selbst die deutsch-sowjetische Demarkationslinie wurde erst im nachhinein festgelegt (Quelle: Noel, franz. Botschafter in Warschau). Am 17.September gab es weder einen polnischen Staat noch eine polnische Regierung, es gab nur noch ganz vereinzelt kämpfende Truppen - das Polen des Obersten Beck, der ein halbes Jahr vorher noch davon träumte, mit Hitler Kippe zu machen, existierte nicht mehr. Neben allen Gründen, die die SU in die Note schrieb, die sie am Nachmittag des 17.September dem polnischen Botschafter übergab, steht hier die Frage: Sollte die SU in Kenntnis der Absichten Hitlers, nämlich ihr den Garaus zu machen, ihm auch noch die allergünstigsten Aufmarschräume dafür überlassen? Die könnt Ihr ruhig mal für Euch selbst beantworten, vielleicht hat das Auswirkungen auf Eure künftige Berichterstattung.

Die Niederlagen, die Irrtümer, die Verbrechen und die Schuld von Kommunisten sollten darüber hinaus in einer „linken“ Zeitung nicht klingen wie Sondermeldungen.

Klaus W. Kowol, Gummersbach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen