And the Ass saw the Angel

■ Kein Interview mit Nick Cave - auch nicht über „Ghosts of the Civil Death“, in dem er mitspielt und für den er die Musik geschrieben hat

Nick Cave ist 32, „der letzte Rockstar“, wie eine englische Zeitung schreibt. Das Interview mit ihm fand im Büro seiner Londoner Schallplattenfirma statt. „Auf keinen Fall über seine Drogenprobleme reden“, präpariert mich der deutsche PR -Chef der Gesellschaft. Nick Cave hat einen Entzug hinter sich, jetzt raucht er nur noch Silk Cut und trinkt Orangensaft. Der Produzent von „Ghosts of the Civil Death“, dem Film, in dem Nick Cave eine kleine Rolle als psychopatischer Häftling spielt, warnte mich: „Frag ihn nichts zum Film!“ Ich wußte, man darf auch nicht über seine privaten Angelegenheiten mit ihm reden. Einen Journalisten, der das nicht befolgt hatte, hat er einmal angeblich verprügelt.

Der letzte Rockstar kommt eine Stunde zu spät, er beantwortet meine Fragen störrisch, aber korrekt, als habe er die Antworten vorher auswendig gelernt. Ich fühle mich wie ein Prüfer, der einen pubertierenden Knaben abfragen soll. Er weiß, seine Eltern erwarten von ihm, daß er mitspielt. Zu langweilig, um es abzudrucken. Aber an einer Stelle blitzt doch kurz die Wahrheit auf:

Nick Cave: Ich will mein neues Buch promoten. Es gibt für mich nur diesen einzigen Grund, ein Interview zu machen: ich will das Produkt verkaufen. Ich habe keine Lust, rumzusitzen und über mich selbst zu reden.

Reden wir also, worüber du reden willst.

Ich will überhaupt nicht. Ein Interview ist überhaupt das letzte, was ich machen will. Ich habe absolut kein Interesse an einer laufenden Kommunikation mit meinem Publikum. Ich habe fünf Jahre an dem Buch geschrieben, und es gibt für mich nichts mehr darüber zu sagen.

Ich weiß, es kann etwas schwierig sein, wenn sich zwei Leute, die sich nicht kennen, unterhalten sollen.

Es soll ja keine Unterhaltung sein, sondern ein Interview. Diese Situation ist sowieso verlogen. Ich sage nie die Wahrheit in Interviews. Ich kann das nicht anders sehen, als Platz auf einer Zeitungsseite zu haben, auf dem ich Werbung mache für die Dinge, die ich gerade mache.

Werben will er für sein Buch „And the Ass saw the Angel“ Ich nicht.

Gunter Göckenjan