Verbotener Aufzug

■ Auch die Verkehrsclubs demonstrierten am Brenner

Die Lkw-Blockade am Brenner war nicht die einzige Protestaktion in Sachen Alpen-Transit. Nur wenige Tage vor dem medienwirksamen Streik der Brummer waren die Verkehrsclubs aus Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik gemeinsam für eine Schwerverkehrsabgabe, gegen Lasterkolonnen, Lärm und Gestank auf die Straße gegangen. In einem symbolischen Marsch zogen die Umweltschützer vom Gotthard zum Brenner. Im Gefolge: ein Bernhardiner mit umgehängtem Schnapsfäßchen. „Früher brauchten wir die Hunde in den Alpen, heute brauchen wir die Schwerverkehrsabgabe“, erklärte Alf Arnold vom Schweizer Verkehrsclub.

In Tirol wurde auf der Brenner-Autobahn ein 45 Meter langes Transparent gegen die Lasterlawine entrollt. Am Inntal -Dreieck registrierte die bayerische Polizei die Demonstranten als „verbotenen Aufzug“ und stellte ihre Personalien fest. Mit einer Anzeige wegen unerlaubter Demonstration müssen sie rechnen, im Gegensatz zu den Frächtern, die am Brenner nach einer Woche „Faustrecht“ (Justizminister Engelhard) unbehelligt von dannen zogen.

In der Sache zeigte allerdings auch die bayerische Polizei Verständnis. „Wir haben ja den besten Einblick: Milch von Bayern nach Italien, Milch von Italien nach Holland und der fertige Käse dann wieder zurück“ - alles per Lkw.

Die Sympathien, so glaubt Brigitte Kunze vom bundesdeutschen Verkehrsclub VCD, hätten sich eindeutig gedreht: Mit den Kolonnen der Laster wachse die Einsicht in eine andere Politik. Bei Lärm und Emissionen „ist der Lkw -Verkehr der dickste Brocken“, argumentieren die Verkehrsclubs und nennen Zahlen: 600.000 t Stickoxide und 50.000 t krebserregende Rußpartikel jährlich in der BRD. In Österreich seien 1970 noch 66 Prozent aller Transitgüter mit der Bahn transportiert worden, 1985 liefen schon 76 % über die Straße. Und mit dem EG-Binnenmarkt drohe endgültig der Kollaps: „Dann hat jeder Lkw-Unternehmer freien Marktzugang. Die Frachttarife sollen um 25 % fallen. Außerdem plant die EG, daß Fahrzeuge bis 12 t noch schneller fahren dürfen. Das läßt die Lasterschwemme anschwellen.“

Als Gegenmaßnahmen fordern die Verkehrsclubs vor allem die EG-weite Schwerverkehrsabgabe, also eine direkte Besteuerung der Lkws nach Gewicht und Fahrleistung. Bisher werde der Lkw -Verkehr indirekt bezuschußt. In einem Gutachten zum Straßen -Güterverkehr, berechnete das Heidelberger Umwelt- und Prognose-Institut die jährliche Summe der ungedeckten Kosten für die BRD auf mindestens 27 Milliarden Mark.

-man-/gh