Auge um Auge, Chip um Chip

■ Zum Geschlechterverhältnis im Computerzeitalter: gegen die „vegetative Idealisierung“

Uta Brandes, Soziologin, Psychologin und freie Journalistin, wollte gegen den Strich bürsten. Das „Geschlechterverhältnis im Computerzeitalter“, allzuoft und allzuglatt weiblich -feministisch interpretiert, mochte sie nicht gelten lassen in der schlichten Polarität männlich-rational, weiblich -empathisch-emotional.

Zugegeben: Viele Untersuchungen laufen darauf hinaus, daß Frauen angeblich weniger spielerisch, weniger risikobereit, weniger besessen mit Computern umgehen, mehr Wert legen auf Kooperation, auf unmittelbaren Gebrauchswert, vor allem auf das Warum der Tastendrückerei, ein komplexeres Verständnis. „Wir bleiben im männlich-stereotypen Denkschema der Polarisierung, wenn wir das Ganze jetzt einfach mit umgekehrten Vorzeichen postiv uminterpretieren und Frauen zuständig erklären für das Sinnliche, Ganzheitliche“, kritisierte Brandes, „wir werten nur um und ertränken die Wirklichkeit in Harmonisierung.“ Gegen diese „vegetative Idealisierung“ des Weiblichen zitierte sie Türmer

Rohr: „Die Natur nimmt uns keine Entscheidung ab!“ Ein Irrtum, die „kleinen Welten“ durch Betroffenheiten für sich zu reklamieren und zu glauben, viele Kleinräumigkeiten ergäben die große Welt, die dann noch positiv dem Männlich -Abstrahierenden, Erobernden gegenüberzustellen. Gegen das vielkritisierte lineare, binäre Denken helfe kein „Mischmasch aus Ganzheit und Naturmythos“: „Laßt uns keine Anker werfen und verharren, sondern in Bewegung kommen, neue Welten erschließen!“

Brandes zeichnete nach: Wie es seit dem massenhaften Einbruch der neuen Techniken in Produktion und Dienstleistung von Frauenbewegten zunächst Verweigerung gehagelt hatte, wie dann in Schulen und Ausbildungsstätten über geschlechtsspezifische Zugänge zum Fach Informatik und über Benachteiligungen von Mädchen und Frauen geforscht wurde, schließlich ein spezifisch weiblicher Zugang behauptet wurde.Das elektronische Zeitalter sei ein qualitativer Sprung nach der Entwicklung der

Industriegesellschaft. Und da liegt vieles im argen. Nur quantitativ optimierend verlaufe die Vernetzung von immer mehr Rechnern, immer mehr Zugriff auf immer mehr Datenbanken und Operationen. Uta Brand: „Dieser Prozeß ändert nichts am qualitati

ven Verhältnis von Menschen und Maschinen, nichts an der Alltagsstruktur, nichts an der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung.“

Wie denn da Bewegung hineinzubringen wäre, blieb offen.

Susanne Paa