Emden vor dem Giftmüll-Start

■ Giftumschlag von Schiff zu Schiff / Emder Stadtrat einstimmig dagegen

Der Alte Ratssaal in Emden war am Donnerstagabend bis auf den letzten Stehplatz voll. Der Rat tagte öffentlich und nur zu einem Thema: Giftmüllumschlag im Emder Hafen. Einstimmig protestierten die Ratsherren und -frauen gegen die Pläne aus Bonn und Hannover, giftige Industrieabfälle in Emden an Bord von Verbrennungsschiffen zu pumpen zu lassen, die ihre lebensbedrohende Fracht dann über der Nordsee verfeuern.

Die EmderInnen befürchten, daß nun bald über Nacht Tatsachen geschaffen werden. Denn nur noch bis zum 4.Oktober können die giftigen Abfälle aus deutschen Unternehmen über den belgischen Hafen Antwerpen verschifft werden. Danach so ist es zwischen Brüssel und Bonn vereinbart - sollen sich die Deutschen selbst um ihren Dreck kümmern. Die Wahl der Umweltminster in Bonn und Hannover fiel schon vor Jahresfrist auf Emden als Verschiffungshafen. Die ersten Pläne sahen vor, daß die giftige Brühe in Emden zwischengelagert wird. Doch das Planfeststellungsverfahren, bei dem die altersschwachen Öltanks schließlich zu tauglichen Giftmüllbunkern erklärt werden sollten, läuft noch, und wird keinesfalls vor

dem vierten Oktober abgeschlossen. Zumal die Stadt Emden und Naturschützer ein Wort dabei mitzureden haben.

Also stellte die „Gesellschaft für Verbrennung auf See“ einen neuen Antrag: Nun soll das Gift ganz ohne Zwischenlager auf die Verbrennungsschiffe gepumpt werden, direkt von den Binnenschiffen, die den Müll landauf landab bei den Chemiewerken einsammeln. „Eine Horrorvi

sion“ nennt Bürgermeister Alwin Brinkmann dieses Verfahren, dennoch ist es viel einfacher, dafür eine Genehmigung zu bekommen. Denn die Stadt Emden ist dabei außen vor. Nur das Hafenamt muß zustimmen, und das ist weisungsgebunden an den niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr, Walter Hirche (FDP). Hirche würde sicher gerne zustimmen, aber übers Knie brechen will er auch nichts. Bis zum 4. Oktober werde er keine Entscheidung treffen, ließ er verlauten. Die Giftmüllsammler und ihre Auftraggeber in den Chemiewerken, müßten sich dann erstmal gedulden, sagte Hirches Pressesprecher gestern. Wie lange, das mochte er nicht sagen.

Alle vier Fraktionen des Emder Rats haben am Donnerstag für eine Entschließung gestimmt, die die Pläne der Landesregierung verurteilt. Auch FDP und CDU haben mitgestimmt, deren Minister in Hannover den Giftmülltransport so eifrig betreiben. Die Produzenten des Giftmülls sollten ihren Dreck behalten, heißt es in der Emder Resolution sinngemäß, die Chlorkohlenwasserstoffe sollten dort gelagert werden, wo sie anfallen, solange bis ein umweltverträgliches Recycling entwickelt ist.

mw