Öko-Bonus soll das Auto (be)steuern

Trendwende im Verkehr durch saftige Mineralölsteuern und einen jährlichen Öko-Scheck vom Finanzamt? / Heidelberger Wissenschaftler veröffentlichen neuen Vorschlag zur „Zukunft des Autoverkehrs“  ■  Von Manfred Kriener

Berlin (taz) - Mit einer Koppelung von deutlich höheren Benzinpreisen und gleichzeitiger Ausschüttung eines jährlichen Öko-Bonus wollen Heidelberger Umweltforscher die Auto-Gesellschaft vor dem Kollaps bewahren. Dieter Teufel, Erfinder der Öko-Steuer, und seine MitarbeiterInnen vom Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) stellten gestern ihre Studie zur Zukunft des Autoverkehrs der Presse vor.

Grundidee der Heidelberger Forscher: Umweltbewußte Verkehrsteilnehmer sollen belohnt und das Verursacherprinzip endlich auch im Verkehr angewandt werden. Das UPI-Konzept besteht aus zwei Teilen:

-Die Erhebung eines Öko-Zuschlags von zwei Mark auf die Mineralölsteuer, womit der Treibstoff deutlich teurer wird.

-Im Gegenzug soll jeder erwachsene Verkehrsteilnehmer jährlich einen Scheck vom Finanzamt über 1.500 Mark erhalten: den Öko-Bonus. Mit diesem Bonus wird genau diejenige Summe ausgegeben, die durch die erhöhte Mineralölsteuer wieder hereinkommt.

Erhoffter Effekt des Konzepts: Fußgänger, Radfahrer und die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel kassieren jährlich ihren Bonus als Belohnung und werden in der Wahl ihrer Verkehrsmittel bestärkt. Wer wenig Auto fährt, kommt ebenfalls noch gut dabei weg oder liegt im kostenneutralen Bereich. Die Grenze liegt bei 13.000 Kilometern bei einem Auto, das 10 Liter Treibstoff auf 100 Kilometern verbraucht. Bei dieser Fahrleistung heben sich die erhöhte Mineralölsteuer und der Öko-Bonus gegenseitig auf. Kräftig zur Kasse gebeten werden dagegen die Viel-Fahrer. Für sie soll das Autofahren dann derart teuer sein, daß sie öfter mal auf ökologischere Verkehrsmittel umsteigen.

Ausgangspunkt für den Vorschlag der Verkehrswissenschaftler waren die Berechnungen über die gesellschaftlichen Kosten des Autoverkehrs. Ein großer Teil der von ihm verursachten volkswirtschaftlichen Kosten (Lärm, Unfälle, Luftverschmutzung) in Höhe von jährlich 67 bis 85 Milliarden Mark würden vom Autoverkehr nicht getragen und auf die Allgemeinheit abgewälzt. Bei strikter Anwendung des Verursacherprinzips muß die Mineralölsteuer um rund zwei Mark angehoben werden, um diese Unterdeckung auszugleichen, errechnete UPI. Da eine erhöhte Steuerbelastung und mehr Staatseinnahmen andererseits aber nicht beabsichtigt werden, soll der Input durch die angehobene Mineralölsteuer in Höhe von 75 Mrd. Mark wieder an die Bürger zurückfließen. Umgelegt auf die erwachsene Bevölkerung der Bundesrepublik ergibt dies den Öko-Bonus von 1.500 Mark pro Nase.

Die Wissenschaftler haben ihren Vorschlag in eine Studie integriert, die eine Reihe von schwindelerregenden Kurven und Berechnungen zur Zukunft (und Vergangenheit) des Autoverkehrs enthält. Besonders beeindruckend: die Schere zwischen Straßennetz und Zahl der Autos: Seit 1960 seien jährlich insgesamt 450 Milliarden Mark in den Ausbau des Straßennetzes investiert worden, das heute 500.000 Kilometer beträgt. Trotz dieser gigantischen Summe „wuchs die Zahl der Autos fünfmal schneller als das Straßennetz“. Und: „Selbst wenn seit 1960 alle staatlichen Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden ausschließlich in den Straßenbau geflossen wären, hätte das Straßennetz nicht so schnell zunehmen können wie der Pkw-Bestand. Dies zeigt, daß es völlig illusorisch ist, mit weiterem Straßenbau die Probleme des Autoverkehrs lösen zu wollen.“ Allein in den letzten drei Jahren habe die Zahl der Autos um 12 Prozent, die von diesen Autos gefahrenen Kilometer sogar um 20 Prozent zugenommen.

Über den direkten Vergleich der Umweltbelastung der einzelnen Verkehrsmittel braucht eigentlich kein Wort mehr verloren werden. Die traurige Spitzenstellung von Flugverkehr und Auto hinsichtlich ihrer ökologischen Schäden liegen auf der Hand. Interessant ist allerdings der Vergleich eines optimal abgasentgifteten Pkws (geregelter Dreiwege-Katalysator) mit der Bahn. Auch hier entstehen beim Bahnfahren „3mal weniger Stickoxide, 8mal weniger Kohlenwasserstoffe und 15mal weniger Kohlenmonoxid“.

Die Studie geht auch auf die Vision einer globalen Autokultur ein und fragt: „Was wären die Folgen, wenn alle Menschen in Zukunft soviel Auto fahren würden wie wir heute?“ Die Antwort: Ein weltweiter Autoverkehr auf heutigem bundesrepublikanischem Niveau würde allein 22 Milliarden Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid freisetzen, das wäre „mehr als der gesamte heutige weltweite Ausstoß aller Länder aus allen Quellen“.

Für die Heidelberger Wissenschaftler ist klar, daß eine Verringerung des Autoverkehrs unumgänglich ist und daß dies die zentrale Herausforderung eines ökologischen Umbaus darstellt.