Opposition auf Einheitskurs

■ Im Oktober treffen sich die verschiedenen Gruppen

Die DDR-Opposition, die sich seit Beginn der 80er Jahre unter dem schützenden Dach der Kirche sammelte, ist im Begriff diesen Hort zu verlassen. Die Kirche gab ihnen die Möglichkeit zum Protest, schränkte wegen ihres schwachen Rückhalts in der atheistischen Gesellschaft aber gleichzeitig den Adressatenkreis ein. Die neuen Sammlungsbewegungen wollen sich von diesem Handicap lösen.

Mit dem „Neuen Forum“ um den Rechtsanwalt Rolf Henrich und die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley ist eine Gruppe entstanden, die schon nach zwei Wochen Unterstützung von über 2.000 DDR-BürgerInnen erhielt. Sie versteht sich als politische Plattform, deren Anliegen zunächst die legale Anerkennung einer Opposition durch die SED ist. Sie will ein Forum bilden, auf dem unterschiedliche Demokratisierungskonzepte diskutiert werden können.

Die Gruppe „Demokratischer Aufbruch“ um den Pfarrer Edelbert Richter begreift sich ebenfalls als ein Sammlungsbecken, betont im Unterschied zum „Neuen Forum“ aber sozialistische Positionen. Soziale Sicherung, das Recht auf Arbeit und die Einheit von Wirtschaft und Sozialpolitik gehören zu ihrem Selbstverständnis. Die Gruppen, die sich an die Öffentlichkeit gewandt haben, teilen einige Gemeinsamkeiten: Sie bauen auf einen demokratisch reformierten Sozialismus, lehnen eine Wiedervereinigung ab, machen Ökologie zu ihrem zentralen Anliegen und suchen den Dialog mit der Partei.

Zwischen den meisten oppositionellen Zirkeln bestehen Querverbindungen. Ein Treffen am 2. Oktober in Ost-Berlin soll ausloten, inwieweit es Ansätze zu einer Vereinheitlichung gibt. Für alle ist klar, daß eine Ausdifferenzierung politischer Positionen erst einsetzen darf, wenn die legalen Voraussetzungen oppositioneller Tätigkeit gesichert sind.

Trotz vieler Gemeinsamkeiten hebt sich eine Gruppe, bestehend aus Christen, Marxisten und SED-Mitgliedern, besonders ab. In ihrem Appell „Für eine vereinigte Linke“ vertritt sie klassische sozialistische Positionen und plädiert für sofortige Reformen, um einer Entwicklung in Richtung bürgerlich-kapitalistisches System wie in Ungarn oder Polen entgegenzuwirken. Zwischen 300 und 500 Aktive arbeiten seit einigen Jahren in kleinen Gruppen an Universitäten und in Großbetrieben der DDR. Bisher mied die „Vereinigte Linke“ die Öffentlichkeit, um ihre Mitglieder, die zum Teil Posten in Gewerkschaft und Partei bekleiden, nicht zu gefährden. Denn die SED begegnet Linksüberholern, die sie auf ihrem eigenen Terrain herausfordern, mit besonderer Härte.

khd