Auf diesen Gott - in Gottes Namen

■ Taufgottesdienst in einer Achimer Kirchengemeinde: „Ein Gebet, solange es geht“

Zumindest eine der Hauptpersonen hat überhaupt kein Vergnügen an dem Geschehen: „Bäh, bääh, bäääh“, sorgt ein Kleiner in der 4. Reihe für richtige Taufstimmung in der Achimer Laurentiuskirche. Die Kleine in der 2. Reihe dagegen ist ausgesprochen sozialverträglich. Mit Schnuller im Mund liegt sie auf Mutters Schoß. Und für alle Fälle hat Mama auch noch eine Flasche Milch mitgebracht.

„Bääääääh!!!.“ Ein deutliches Crescendo aus der vierten Reihe als die Orgel einsetzt. „Können Sie mich verstehen, ich meine akustisch?“ Pastor Hans-Ludwig Schröder ist das Predigen gegen das Gebrüll anscheinend gewohnt. Am Anfang, da ist es in der Regel noch ruhiger als später, und deshalb gleich das Gebet, „solange es geht“.

Und dann kommt der Pastor von der Kanzel, stellt sich zwischen die Bankreihen und erklärt, was er unter einer Taufe versteht. Und siehe da: Es herrscht wunderbare Ruhe in der Kirche. Getauft werden soll auf den Gott, der die Israeliten von den Ägyptern befreite, den Gott, der als Symbol für Befreiung und gegen Sklaverei steht, den Gott, der will, daß die Menschen frei sind. „Und unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen“, sagt der Pastor.

Alles schön und gut, aber warum sollen ausgerechnet diese kleinen Würmer mit Wasser auf die Stirn auf diesen Gott der Freiheit zwangsverpflichtet werden? Diese Kinder, die noch nicht aus dem Strampelanzug herausgewachsen sind, die sind noch nicht auf das Motto unserer Gesellschaft „Leiste was, dann bist du was“ verpflichtet, meint Schröder. „Ohne Leistung und Tüchtigkeiot werden sie getauft.“ So unschuldig wie sie ins Leben kamen.

Auf zwei trifft das augenscheinlich nicht zu. Neun die eine, sieben die andere, haben sie es geschafft, ihre ungläubigen Eltern zu überreden, sie taufen zu lassen. Im Religionsunterricht in der Schule, da gibt es immer so schöne Geschichten. Und außerdem sagt die Ältere: „Ich glaube an Gott.“ Was die Jüngere dann selbstverständlich auch tut und die Eltern zwangsverpflichtet, den Weg in die Kirche anzutreten. Denn dem Motto des Pastors, „man soll Kinder nicht in die Richtung zwingen, die sie nicht wollen“, fühlen sich die Eltern natürlich auch irgendwie verplichtet. Und so steht nun der Pastor da und bittet die Gemeinde, Eltern und PatInnen ganz nett, ein kollektives Ja-Wort zu sprechen. Seine Frage: „Wollen Sie das Kind so erziehen, daß es sich frei entfalten kann, und das heißt christlich?“ Und so verstanden, denkt sich da der Vater, dann in Gottes Namen: „Ja.“ Da legt der Pastor die Hände ineinander, den Kopf schräg und lächelt: „Das ist schön.“ Holger Bruns-Köster