: Moabiter Lücken
■ Planungen für den vernachlässigten Stadtteil wurde vorgestellt KiTas, Schulen und Grünflächen sind Mangelware in diesem Bezirk
Ein „Infrastrukturpark“ auf dem Reichsbahngelände im Norden steht den Moabitern ins Haus, geht es nach den Stadtplanern der Gruppe „Planwerk“ und einer Landschaftsarchitektengruppe. Dies ist das vorläufige Ergebnis einer Bestandsaufnahme im Rahmen der Bereichsentwicklungsplanung (BEP), die Ende letzter Woche im Rathaus Tiergarten vorgestellt wurde. Schon jetzt fehlen den Tiergartenern Standorte für vier KiTas, zwei Grundschulen, 16 Spielplätze und Grünflächen in einer Größenordnung von 20 bis 30 Hektar. „Das, was SO36 vor ein paar Jahren noch war, ist jetzt Moabit“, urteilt der Stadtplaner Tibbe und belegt seine Behauptung mit Volkszählungsdaten: Um 17% liegt das Einkommen der Moabiter unter dem Berliner Durchschnitt, mit 8,2% gibt es dort den höchsten Anteil an Sozialhilfeempfängern. Eine ungebrochene Tendenz der Senatsverwaltungen, Moabit als Abladeplatz gesamtstädtisch benötigter Einrichtungen, wie zum Beispiel Container- und Güterbahnhof bis hin zum Wohnungsbau zu betrachten, sieht Baustadtrat Porath (SPD). Wenn nicht eine „Notversorgung langfristig festgeschrieben werden soll“, müssen Infrastrukturstandorte in eine Wohnungsbauplanung einbezogen werden, fordern die Planer Tibbe und Giseke. Nach ihrer Schätzung könne Tiergarten höchstens einen Bevölkerungszuwachs in Höhe von 6% seiner bisherigen Einwohnerzahl verkraften. Die Bürger zeigten sich am Wochenende erstaunt ob ihrer Einbeziehung. Dennoch lassen sie sich von Begriffen wie „Qualifizierung der Grünbeziehungen“ und „Disparitätenausgleich zwischen den Quartieren“ nicht blenden. „Das brauch‘ nur alles richtig organisiert werden“, übersetzte Klara Franke, Moabiter Original aus der Lehrter Straße, das Planerdeutsch in allgemeinverständliche Umgangssprache. Ob die Ergebnisse der BEP-Planung mit Hilfe von S.T.E.R.N. in konkrete Planungen umgesetzt werden können, wird am 30.September zwischen 12 und 18Uhr im Rathaus Tiergarten öffentlich diskutiert.
Sigrid Bellack
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