JU-Funktionär befürchtet Wahlmanipulation

■ Kurz vor der Landeskonferenz der Jungen Union spitzt sich der Streit zwischen Reform-Unionisten und Beton-Konservativen wieder zu / Soll die JU von REP-Anhängern unterwandert werden? / Parteigericht eingeschaltet / Mitgliederverschiebungen, um Mehrheiten zu sichern

Wenige Wochen vor der Landeskonferenz der Jungen Union haben sich die Machtkämpfe zwischen der rechten „Betonfraktion“ auf der einen und gemäßigteren Kräften auf der anderen Seite wieder zugespitzt. Waren im vergangenen Jahr die Südafrika -Reise des Landesvorsitzenden Gunnar Sohn sowie gegenseitige Rechtsextremismus-Vorwürfe Gegenstand der Auseinandersetzung, geht es diesmal um die Macht im Landesvorstand: Sohn, Chef der „Betonfraktion“, kandidiert nicht mehr, weil er einen Job im Bonner Konrad Adenauer Haus hat und nur noch selten in Berlin ist.

Bei den Neuwahlen am 21.Oktober kommt es nun zu einer Stichwahl zwischen dem Kandidaten der „Betoner“ und dem der sogenannten „Refos“. Da auf Kreisebene gerade die Delegierten gewählt werden, befürchten einige JU-Funktionäre nun Manipulationen im Vorfeld der Wahlen. Bernd Behrend, Vizechef der Tempelhofer JU und Anhänger des Reformflügels hat jetzt sogar die Parteigerichte angerufen: 26 neue Mitglieder, die er zum größten Teil persönlich kenne, seien vom geschäftsführenden Tempelhofer Vorsitzenden Matthias Weber (Betonfraktion) nicht in den Kreisverband aufgenommen worden. Weber begründete seine ablehnende Haltung in einem Brief an den Landesvorstand damit, daß „die Junge Union von seiten der REP unterwandert werden soll“. Behrend hält das jedoch für ein an den Haaren herbeigezogenes Argument. „Die Betoner wollen damit verhindern, daß sie die Mehrheit im Kreisverband verlieren.“ Wenn Tempelhof an die Reformer fiele, verlöre die Betonfraktion wahrscheinlich ihre Mehrheit, berichten JU-Insider. Darüber hinaus hält Behrend es für satzungswidrig, daß der JU-Landesgeschäftsführer viele Tempelhofer Mitglieder wegen säumiger Beitragszahlungen ohne Auftrag des Landesvorstandes aus der Kartei geworfen hat.

Für Behrends Manipulationsbefürchtung spricht, das im betonregierten JU-Ortsverband Alt-Tempelhof vor kurzem nahezu 30 Mitglieder geworben wurden, die als Anhänger des Rechtsauslegers Lutz Gutowski ( JU-Spitzname: „Duce“) gelten. Dagegen legte Weber keinen Widerspruch ein. Gutowski flog vor einigen Jahren wegen Rechtslastigkeit aus der Tempelhofer BVV-Fraktion der CDU: Auf einer Busfahrt der JU, die er mitorganisiert hatte, wurden Lieder gesungen wie „Im KZ war's doch so nett“. Ein Gerichtsverfahren wegen Volksverhetzung gegen seine Person wurde allerdings eingestellt. „Gutowski versucht aus dem Hinterhalt Einfluß über seine konservativen Freunde auf die Kreisvorstandswahlen auszuüben!“ meint Behrend. Bis Donnerstag hat das Tempelhofer Parteigericht Zeit, die Vorwürfe zu klären, abends soll gewählt werden.

Wie der jugendpolitische Pressedienst 'Paper Press‘ erfahren haben will, geht es auch in den JU-Kreisverbänden Zehlendorf und Schöneberg nicht ganz sauber zu. „Um die Delegiertenstimmen weiterhin für die 'Alt-Betonisten‘ zu sichern, sollen Mehrheiten durch 'Übertritte‘ von JU -Mitgliedern aus anderen Kreisverbänden gesichert werden,“ heißt es in der neuesten Ausgabe des Blattes. Nach Recherchen der taz wurden schon vor zwei Jahren JU -Mitglieder hin und her geschoben, um den Betonleuten satte Mehrheiten zu organisieren.

Um den Einfluß der Betonfraktion einzuschränken, koalieren die Refos aus „Sowjetisch-Wilmersdorf“ (JU-Jargon) und weiteren Kreisverbänden diesmal mit dem konservativen Kreisverband Charlottenburg. Ihr gemeinsamer Kandidat, Daniel Dormann, steht den bisherigen JU-Chefs in puncto Rechtslastigkeit aber offenbar in nichts nach. So forderte er beispielsweise „die Entfernung der Gedenkstätte am Landwehrkanal, weil Rosa Luxemburg diese Ehrung in keiner Weise verdient hat.“

ccm