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Hundert Tage Rot-Grün in Frankfurt

Den Grünen fehlt ein Magistratskonzept für eine urbane Stadt mit umweltfreundlichem Charakter / Die Koalition ist seit Ende März im Amt, sie arbeitet aber erst seit hundert Tagen  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Römer, Lutz Sikorski, war sauer: Nur drei Wochen nach den Kommunalwahlen im März 1989 hätten SPD und Grüne in Frankfurt den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Doch erst Ende Mai habe die Koalition - nach der Wahl von Volker Hauff (SPD) zum Oberbürgermeister - die Arbeit aufnehmen können. Sikorski: „Genau an dieser Stelle muß die hessische Kommunalverfassung demnächst korrigiert werden.“

Mehr als zweihundert Tage Bündnis, aber erst einhundert Tage arbeitende rot-grüne Koalition waren für die Grünen dennoch Anlaß, unter dem Motto „Kritik und Selbstkritik“ eine „erste Bilanz“ zu ziehen.

Brigitte Sellach lobte den Willen beider Partner zum Konsens in allen politischen Bereichen, auch wenn die „Aushandlungsprozesse“ oft mühsam waren. Der „schwere Gang durch die Hochhäuser“ sei ein solcher „Aushandlungsprozeß“ gewesen. Und an dessen Ende habe ein „tragfähiger Kompromiß“ gestanden: die Akzeptanz der durch die „Knebelungsverträge“ der CDU nicht mehr zu kippenden Hochhäuser in der Mainzer Landstraße und die Ablehnung des geplanten Betonturms „Campanile“ am Hauptbahnhof. Bei dieser Einigung seien die Grünen nicht über den Tisch gezogen worden - „und die SPD konnte ihrer Klientel deutlich machen, daß sie sich von den Grünen nicht hat erpressen lassen“ (Sellach).

Ob die Parteibasis den von der Fraktion ausgehandelten Hochhauskonsens mitträgt, wird sich heute abend erweisen. Gestern baute Fraktionschef Sikorski vor: „Sagt die Partei nein, dann wird aus dem rot-grünen Erfolgsbündnis rasch ein Konfliktbündnis. Und was dann kommt, kann sich jeder ausrechnen.“

Nicht ausrechnen kann die Fraktion dagegen die Kosten der geplanten Projekte, die der Stadt den rot-grünen Stempel aufdrücken sollen. Der Etat 1990 muß vom neuen sozialdemokratischen Kämmerer erst konzipiert werden. Die unklaren finanziellen Spielräume für die Koalition bremsten in diesen ersten hundert Tagen denn auch die Euphorie der neuen Planer und Macher. Ob Grüngürtelprogramm oder Straßenrückbau, ob Wohnungsbau oder kulturpolitische Initiativen: „ohne Moos nix los“ - auch in der Finanzmetropole Frankfurt.

Für Brigitte Sellach ist deshalb der Haushalt die „nächste Bewährungsprobe“. Der Etat müsse den politischen Willen der Partner widerspiegeln, aus Frankfurt eine urbane Stadt mit umweltfreundlichem Charakter zu machen, denn „die Bürger brauchen etwas zum Anfassen“ (Sikorski).

Richtig „dicke Erfolge“ habe es in den zurückliegenden 100 Tagen nur drei gegeben: die Schaffung eines einheitlichen Umweltamtes der Stadt durch den grünen Dezernenten Tom Koenigs, die Entschärfung der Sperrgebietsverordnung der CDU (Studentenwohnungen statt Bordelle in der Breiten Gasse) und das Verbot, Mietwohnraum in Eigentumswohnungen umzuwandeln.

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