Das Kapital siegt über die Politik

■ Kieler Energieminister wurde vom Gericht aus dem HEW-Aufsichtsrat ausgeschlossen

Mit seinem Urteil hat das Hamburger Landgericht Schleswig -Holsteins Energieminister Günther Jansen bescheinigt, was viele AKW-Gegner hierzulande bisher bezweifeln: Jansen setze alles daran, sein Wahlversprechen tatsächlich einzulösen und die Atomkraftwerke abzuschaffen. Und auch mit ihrer Auffassung, Atomgegner hätten in den Aufsichtsräten von Energieversorgungsunternehmen nichts zu suchen, dürften die Hamburger Richter nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Schließlich steht im Aktiengesetz nur, daß ein Aufsichtsratmitglied aus „wichtigem Grund“ abberufen werden kann. Es steht nicht darin, daß das Streben nach betriebsinternen Umstrukturierungen zum Wohle der Allgemeinheit und zum Nachteil kurzfristiger Profitinteressen ein solcher wichtiger Grund sein kann.

Wenn dieses Urteil Schule macht, dann wird es in Zukunft unmöglich sein, daß die öffentliche Hand über den Weg von Eigentumsanteilen noch politischen Einfluß auf Privatunternehmen ausübt, die gleichwohl öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Wenn zugelassen wird, daß die Politik überhaupt in Unternehmen mit teilweise öffentlichem Charakter repräsentiert ist, dann kann man die nicht plötzlich feuern, wenn diese Politik der Kapitalverwertung nicht mehr zuträglich scheint. Umgekehrt könnten mit diesem Argument auch Politiker aus den Aufsichtsräten von öffentlichen Verkehrsunternehmen gekickt werden, die pro Auto sind.

Mit dem Hamburger Richterspruch hat das Kapital sich seine Herrschaft über die Politik gerichtlich bestätigen lassen. Dabei legten die HEW-Kleinaktionäre ein Sektierertum an den Tag, die selbst die Borniertheit eines VEBA-Chefs Benningsen -Förder weit übertrifft. Schließlich pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß Atomstrom unwirtschaftlich ist. Nur zur „Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz“ und ihrem Vorsitzenden Otto Graf Lambsdorff scheint sich das noch nicht rumgesprochen zu haben.

Gabi Haas