Keine Apologetin der Regierung

Polens neue Regierungssprecherin Malgorzata Niezabitowska will sich journalistisch von ihrem Vorgänger absetzen  ■ P O R T R A I T

Aus Warschau Klaus Bachmann

„Als der Premier gesagt hat, er wolle eine Frau zum Regierungssprecher machen, lief es mir kalt über den Rücken“, meint Malgorzata Niezabitowska im nachhinein. Die 41jährige Warschauer Journalistin hat sich in ihrer fast zwanzig Jahre dauernden Karriere einen Namen als Reporterin gemacht. Für Politik habe sie sich nie wirklich interessiert, erzählen Bekannte von ihr. Es sei schwierig, ihr überhaupt politische Ansichten zuzuordnen, außer, daß sie eben seit 1980 in der Opposition aktiv gewesen sei. Nach einem Jura- und Journalismus-Studium an der Warschauer Universität begann sie ihre journalistische Laufbahn in der Redaktion der Warschauer Wochenzeitung 'Kultura‘. Die wurde gegen Ende der siebziger Jahre zum Zentrum der „Schule des demaskierenden Journalismus“. Es war der Versuch, vordergründig unpolitische Sozialreportagen zu schreiben, die allerdings dem offiziellen Schema der Gierekschen Erfolgspropaganda eklatant widersprachen und insofern doch politisch waren. Malgorzata Niezabitowska lernte ihr Handwerk in einer Mannschaft, in der es starke Sympathien für Rakowskis Linie gab, der damals noch als Chef der 'Polityka‘ gegen nationalistische Trends in der Partei einerseits und für Reformen und gegen die Erstarrung der ausgehenden Gierek-Zeit eintrat. In der Partei ist Malgorzata Niezabitowska nicht gewesen.

Als Tadeusz Mazowiecki als Solidarnosc-Berater 1981 den Chefredakteursposten der neu gegründeten Wochenzeitung 'Tygodnik Solidarnosc‘ übernimmt, wird Malgorzata Niezabitwoska Reporterin des Blattes. Während des Kriegsrechts wird sie nicht interniert, verliert allerdings ihre Arbeit, da der 'Tygodnik Solidarnosc‘ verboten wird. Fortan schlägt sie sich mit Artikeln für katholische Zeitschriften durch. 1978 hat sie den Fotografen Tomasz Tomaszewski geheiratet, mit dem sie auch beruflich zusammenarbeitet. 1987 veröffentlichen beide zusammen einen Fotoband über Polens kleine jüdische Minderheit, der großes Aufsehen erregt. Zusammen mit Tomasz, der die Fotos macht, arbeitet sie auch für 'National Geographic‘. Seit zwei Jahren hielten sich beide mit ihrer Tochter in den USA zu einem Stipendienaufenthalt auf.

Daß Malgorzata Niezabitowska nun Regierungssprecherin wurde, war nicht nur für sie eine Überraschung. Alles, nur das nicht, habe sie gedacht, verriet sie der 'Gazeta Wyborcza‘ in ihrem ersten und bisher einzigen Interview. „Das war ein Angebot, das ich nicht hätte annehmen sollen, das man aber auch nicht ablehnen kann. Ich hätte es nicht annehmen sollen, weil ich mir meiner enormen Inkompetenz bewußt bin und zugleich so wenig Zeit habe, ein bißchen kompetent zu werden. Ich frage gerne andere Leute aus und beschreibe sie, liebe es aber weniger, selbst ausgefragt und beschrieben zu werden. Außerdem hatten wir gerade wunderbare berufliche Pläne, wir wollten unser Buch in Amerika beenden und hatten gerade einen Sponsor dafür gefunden.“ Ablehnen wollte sie auch nicht, „denn das hätte dem ganzen Sinn meines bisherigen Lebens widersprochen“. Einerseits, so sagen Kollegen, die sie kennen, sei sie als Journalistin überaus dynamisch, bestimmend und selbstbewußt, andererseits kreise ihr Leben aber zugleich um Herd, Familie, Ehe und ihre kleine Tochter Maryna. Als sie das Angebot, Regierungssprecherin zu werden, bekam, stand sie gerade in der Küche und kochte das Abendessen: „Ich bin eine sehr häusliche Person, daß ich meine Tochter, meinen Vater, mit dem wir zusammen leben, meinen Mann werde vernachlässigen müssen, tut mir wirklich sehr leid.“

Als Regierungssprecherin wolle sie sich deutlich von ihrem Vorgänger absetzen. Urbans Pressekonferenzen habe sie sich geschenkt, erklärte sie der 'Gazeta Wyborcza‘. Sie werde auch nicht allein auftreten, sondern nach Möglichkeit zusammen mit Henryk Wozniakowski, der als Leiter des Pressebüros ihr Stellvertreter ist. „Wir wollen keine Apologeten der Regierung sein, eher Staatsdiener. Unsere Pressekonferenzen stellen wir uns eher neutral vor, informativer, sehr professionell ohne dabei eine politische Rolle spielen zu wollen.“ Urban hatte auf jede Frage eine Antwort parat, die er später häufig wieder zurücknehmen mußte. „Ich werde wohl nicht auf alles eine Antwort haben“, kündigt sie dagegen an, „aber wenn ich dann was sage, soll es auch die Wahrheit und nichts als die Wahrheit sein.“

Einen ganz neuen Stil wolle sie einführen: „Sowohl Henryk Wozniakowski als auch ich wollen einfach wir selbst bleiben.“ Ob's gelingt, wird sich schon diese Woche zeigen. Dann soll Malgorzata Niezabitowska ihren ersten Auftritt im Pressezentrum haben.