Beckmeyer gegen Gewerkschaften

■ Wirtschaftssenator will Ladenschluß „liberalisieren“ / HBV bereitet Kampf vor

Handelsunternehmen und Gewerkschaften sollten sich, wenn es nach dem bremischen Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer (SPD) geht, „ohne ideologische Scheuklappen nähern“ und dem Dienstleistungsabend „eine faire Chance“ geben. Pünktlich zur Eröffnung des Einzelhandels-Symposiums „Handel 2010“ bezog der Sozialdemokrat die Unternehmer-Position und bezeichnete das deutsche Ladenschlußgesetz als „Ladenhüter“. Der Dienstleistungsabend, so bestätigte Beckmeyer die Befürchtungen der Gewerkschaften, sei nur ein „erster Schritt“, um das Ladenschlußgesetz an die wesentlich liberaleren Regelungen im europäischen Ausland anzupassen.

Bei der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) bereitet man sich derweil auf den praktischen Kampf gegen den „Dienstleistungsabend“ vor. Am 5. Oktober soll es die erste Nagelprobe geben. Was an jenem Tag passieren soll, wird aber nicht im voraus verraten. Die Betriebsräte der großen Waren- und Kaufhäuser haben am vergangenen Montag eine Erklärung unterscherieben, die in den nächsten Tagen als Flugblatt verteilt werden soll. Da heißt es: „Wir Betriebsräte werden keine Zustimmung zur Spätarbeit am 5.10. und zu weiteren Dienstleistungsabenden geben.“ Insbesondere die „Streikhäuser“ würden sich, so hofft HBV-Sekretär Klaus Busch, eher zurückhalten. Und wenn die großen Häuser geschlossen seien, „ist die City leer“.

Ob Ladenbesitzer in ihren Boutiquen auf dem Ostertorsteinweg hinter ihrem Tresen stehen, das sei für den gewerkschaftlichen Kampf „eine zu vernachlässigende Größe“. Wenn die Betriebsräte der großen Häuser aber nicht zustimmen, muß der Unternehmer vor der Einigungsstelle seine Existenzsorgen begründen, dieses Verfahren dürfte einige Wochen in Anspruch nehmen.

Knapp könnte es deshalb werden. Denn der Dienstleistungsabend ist vor allem für das Weihnachtsgeschäft interessant, erklärt der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, Wolfgang Brakhane. Im Bereich Spielwaren und Schmuck werde 40% des Jahresgeschäftes in den beiden Weihnachtsmonaten gemacht, im Durchschnitt seien es immerhin ca. 30%. „In der Zeit wird das Geld verdient.“ Im November wird sich also kaum ein Betrieb dem langen Donnerstag entziehen können - wenn alle mitmachen. Die Parkplatz GmbH macht mit, die Bremer Straßenbahn AG ist auf einen Ansturm eingestellt, will sich aber erst kurzfristig entscheiden, ob park&ride und der kürzere Takt an jenem 5. Oktober bis 21 Uhr verlängert werden.

Einen großen Vorteil verspricht sich letztlich auch der Einzelhandels-Verband nicht. Denn die Kaufkraft steigt ja nicht durch die veränderten Öffnungszeiten, meinte Geschäftsführer Brakhane, und selbst bei 38 Stunden Arbeitszeit hat jede Beschäftigte hinreichend Zeit für Einkäufe. Die Nagelprobe auf den Dienstleistungsabend kommt also im Januar und Februar des nächsten Jahres. Dann nämlich müssen die Geschäfte, die die zusätzlichen Kosten des langen Donnerstag tragen wollen, die Quittungen zählen.

K.W.